8 72. Die Konsulate. 11
Ziff. 7 und Art. 56 dem Reich die ausschließliche Verwaltung
des Konsulatswesens zugewiesen ist.
1. Art. 4 führt unter den Gegenständen, auf welche die Kompetenz
des Reiches sich erstreckt, unter Nr. 7 auf: »Die Organisation eines
gemeinsamen Schutzes des deutschen Handels im Auslande, der
deutschen Schiffahrt und ihrer Flagge zur See und die Anordnung ge-
meinsamer konsularischer Vertretung, welche vom Reiche ausge-
stattet wird.« Art. 56, Abs. 1 überträgt dem Kaiser die Aufsicht über
das gesamte Konsulatswesen des Deutschen Reiches; das Konsulatsge-
setz 8 3 unterwirft die Bundeskonsuln der Aufsicht des Bundeskanz-
lers. Die Verwaltung des Konsulatswesens erfolgt demnach nicht durch
Vermittlung der Einzelstaaten.
2. Den Einzelstaaten ist die Befugnis, mit der konsularischen Ver-
tretung des Reiches zu konkurrieren, entzogen. Abs. 2 des Art. 56 ent-
hält das durchgreifende Verbot: »In dem Amtsbezirk der deutschen
Konsuln dürfen neue Landeskonsulate nicht errichtet werden«'). Die
bereits bestehenden Landeskonsulate wurden nur interimistisch noch
geduldet; »sie werden sämtlich aufgehoben, sobald die Organisation
der deutschen Konsulate dergestalt vollendet ist, daß die Vertretung
der Einzelinteressen aller Bundesstaaten als durch die deutschen Kon-
sulate gesichert von dem Bundesrate anerkannt wird« (Art. 56, Abs. 2).
Dies ist längst erfolgt; schon am 6. Dezember 1869 beschloß der Bun-
desrat des Norddeutschen Bundes die Regierungen zur Aufhebung der
Landeskonsulate an allen Plätzen, an welchen Bundeskonsulate be-
stehen, aufzufordern. Auch in der Zwischenzeit, in welcher an dem-
selben Platze neben dem Bundeskonsulate Landeskonsulate noch ge-
duldet waren, durften die deutschen Staaten, welche keine eigenen
Konsulate hatten, die Vertretung ihrer Interessen nicht dem Landes-
konsulat eines anderen Bundesgliedes übertragen, sondern »die deut-
schen Konsuln übten für die in ihrem Bezirke nicht vertretenen
Bundesstaaten die Funktionen eines Landeskonsuls aus.<« (Art. 56,
Abs. 2.)
3. Diesem ausschließlichen Rechte des Reiches entspricht die Pflicht
desselben, überall da Konsulatsvertretungen einzurichten, wo dies durch
F. Martens, Das Konsularwesen und die Konsularjurisdiktion im Orient (übersetzt
von Skerst), Berlin 1874; B. W.v. König, Handbuch des deutschen Konsular-
wesens, 7. Ausgabe, 2 Bde, 1909, eine vollständige Sammlung des Materials in syste-
matischer Anordnung. Ferner sind zu erwähnen Lammers in v. Holtzendorffs
Jahrb. I, S. 239 ff.; der Aufsatz in Hartmanns Zeitschrift für Gesetzgebung und
Praxis Bd. 2, S. 16ff.; Zorn in Hirths Annalen 1882, S. 409 ff. und in v. Stengels
Wörterbuch ], S. 832 ff.; Meyer-Dochow, Verwaltungsr. $ 171.
1) Daß innerhalb des Reichsgebietes die einzelnen Bundesstaaten Konsulate
errichten dürfen, ist zweifellos. Dieselben sind aber ohne alle rechtliche und politi-
sche Bedeutung. Zorn II, S. 445 nennt sie „ein sinnloses Ueberbleibsel Kleinstaat-
licher Titelsucht“. Näheres siehe in meinem Aufsatz in der Revue generale de
droit international public, Paris 1904, S. 121 ff.