Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Dritter Band. (3)

152 8 75. Das Bankwesen. 
öffentlichen Anstalt nicht in gleichem Grade ausgeprägt erscheint, wie 
bei den Verkehrsanstalten, so besteht doch auch bei der Bank die 
Regel, daß die Bedingungen für die von der Bank zu betreibenden 
Geschäfte allgemein im voraus festgestellt werden’), und daß tat- 
sächlich mit jedem »Geschäftsmann«, der es verlangt, alle diejenigen 
Geschäfte abgeschlossen werden, welche nicht mit der Erteilung eines 
ungedeckten Kredits oder mit einem durch Kursschwankungen begrün- 
deten Risiko verknüpft sind oder mit der öffentlichen Aufgabe der 
Reichsbank (Bankpolitik, Diskontpolitik usw.) im Widerspruch stehen, 
z. B. Goldexport, Diskontierung von Finanzwechseln, Festsetzung eines 
Maximalkredits. Diese Geschäfte sind folgende: 
a) Der An- und Verkauf von Gold und Silber in Barren und 
Münzen (8 13, Ziff. 1). Eine Verpflichtung, Silber anzukaufen oder zu 
einem bestimmten Wert gegen Banknoten umzutauschen, besteht nicht; 
die Reichsbank schließt auch tatsächlich solche Geschäfte nicht ab. 
b) Diskontierungsgeschäfte, d. h. Wechsel, welche 
eine Verfallzeit von höchstens drei Monaten haben, und aus welchen 
in der Regel drei, mindestens aber zwei als zahlungsfähig bekannte Ver- 
pflichtete haften, ferner Schuldverschreibungen (Schatzscheine) des 
Reichs, eines deutschen Staates oder inländischer kommunaler Korpo- 
rationen, welche nach spätestens drei Monaten mit ihrem Nennwerte 
fällig sind, zu diskontieren, zu kaufen und zu verkaufen (8 13, Ziff. 2) ?). 
Durch das Gesetz vom 1. Juni 1909 sind auch Schecks, aus welchen 
mindestens zwei als zahlungsfähig bekannte Verpflichtete haften, zur 
Diskontierung zugelassen. Die Diskontierung besteht darin, daß die 
Wechselsumme eines noch nicht fälligen Wechsels ausgezahlt wird 
unter Abzug von Zinsen für die Zwischenzeit; fällige oder bereits ver- 
fallene Wechsel können nicht diskontiert, sondern nur zum Inkasso 
angenommen werden. Der Diskontsatz (Prozentsatz) ist nach dem 
Bankgesetz 8 15 öffentlich bekannt zu machen. 
Dieser Bestimmung liegt die Voraussetzung zugrunde, daß der 
Zinssatz nicht in jedem einzelnen Falle verabredet und je nach der 
Kreditwürdigkeit der Wechselverpflichteten verschieden normiert wird, 
sondern daß er für alle Diskontierungen ein und derselbe ist. Nach 
einer Usualinterpretation des 815 des Bankgesetzes, welcher der Bundes- 
rat durch Beschluß vom 15. Januar 1880 seine Zustimmung erteilt hat, 
hielt sich aber das Bankdirektorium für berechtigt, in einzelnen Fällen 
Gold zahlen, ohne Schaden zu leiden. Ueber die volkswirtschaftliche Be- 
deutung der im Bankgesetz 8 14 ausgesprochenen Verpflichtung vgl. Bamberger, 
Reichsgold S. 78ff.; Soetbeer, Bankverfassung S. 287 ff. 
1) Die „Allgemeinen Bestimmungen über den Geschäftsverkehr mit der Reichs- 
bank“ und die „Geschäftsformulare“ sind in der Fassung vom Dezember 1910 abge- 
druckt bei Breit S. 375 ff. 
2) Das Diskontieren nimmt gewöhnlich die Form des Kaufs an; aber nicht immer; 
es kann auch ein Darlehen sein. Es ist seinem wirtschaftlichen Wesen nach ein 
Kreditgeschäft. Vgl. Thöl, Wechselrecht (4. Aufl.), $ 129 und oben S. 147, Note 2).
	        
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