Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Dritter Band. (3)

168 8 75. Das Bankwesen. 
Ausübung einer Kontrolle befugt. Der Reichskanzler kann jeder- 
zeit durch Kommissare die Bücher, Geschäftslokale und Kassenbe- 
stände der Notenbanken revidieren, um sich die Ueberzeugung zu ver- 
schaffen, daß dieselben die für sie bestehenden Vorschriften befolgen, 
die ihnen auferlegten Bedingungen und Beschränkungen innehalten 
und die vorgeschriebenen Wochen- und Jahresübersichten und Nach- 
weisungen der wirklichen Sachlage entsprechend anfertigen '). 
2. Die Einzelstaaten dürfen die Grundgesetze, Statuten oder Privi- 
legien der Notenbanken nur mit Genehmigung des Bundes- 
rates abändern, sofern die Abänderung das Grundkapital, den Re- 
servefonds, den Geschäftskreis oder die Deckung der auszugebenden 
Noten oder die Dauer der Befugnis zur Notenausgabe zum Gegenstand 
hat. Soll eine derartige Abänderung getroffen werden, so hat die Lan- 
desregierung den Antrag auf Genehmigung im Bundesrat zu stellen; 
der Bundesrat darf dieselbe aber nicht erteilen, wenn die Bank nicht 
den Bestimmungen des 844 des Bankgesetzes sich unterworfen hat?). 
Solche Notenbanken gibt es nicht mehr. 
3. Den Einzelstaaten verbleibt das Recht, die Dauer einer bereits 
erworbenen Befugnis zur Notenausgabe durch Kündigung auf eine 
bestimmte Zeit zu beschränken, wenn durch das Statut oder Privileg 
ein solches Recht begründet ist. Diese Kündigung tritt aber kraft 
des Bankgesetzes, also auf Befehl des Reiches, zu dem frühesten 
zulässigen Termin ein, falls nicht die Bank den Maximalbetrag ihrer 
Notenausgabe auf den am 1. Januar 1874 eingezahlten Betrag ihres 
Grundkapitals beschränkt und sich den Bestimmungen des $ 44 unter- 
worfen hat). | 
4. Durch richterliches Urteil kann die Entziehung der Befugnis 
zur Notenausgabe ausgesprochen werden. Zur Anstellung der Klage 
berechtigt ist ebensowohl die Regierung des Bundesstaates, 
in welchem die Bank ihren Sitz hat, als auch der Reichskanzler'). 
Die Entziehung des Notenprivilegiums wird ausgesprochen wegen Miß- 
brauchs desselben, d. h. wegen Nichtbefolgung der Vorschriften über 
die Deckung und über die Grenzen des Notenumlaufes und wegen Ver- 
letzung der den Notenbanken auferlegten Geschäftsbeschränkungen, 
ferner wegen Nichterfüllung der Einlösungspflicht und endlich sonald 
das Grundkapital sich durch Verluste um ein Dritteil vermindert hat. 
Die Klage ist im ordentlichen Verfahren zu verhandeln; der Rechtsstreit 
gilt als Handelssache. Die Vollstreckung des Urteils erfolgt auf Ver- 
1) Bankgesetz $ 48, Abs. 1. 
2) Bankgesetz 8 47. Wenn sich die Bank diesen Vorschriften unterworfen hat, 
so kann sie von solchen landesgesetzlieh bestehenden Beschränkungen, welche 
das Bankgesetz nicht enthält, vom Bundesrat auf Antrag der Landesregierung befreit 
werden. 
3) Bankgesetz $46, Abs. 1. — Die Bestimmung hat ihre Anwendbarkeit verloren. 
4) Bankgesetz $ 50.
	        
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