Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Dritter Band. (3)

8 76. Das Münzwesen. 173 
Der Staatkann auf die Herstellung von Münzen verzichten, 
ohne ein Hoheitsrecht preiszugeben und ohne irgendeine seiner Auf- 
gaben unerfüllt zu lassen. Der Staat kann sich darauf beschränken, 
fremde Münzen zum gesetzlichen Zahlungsmittel, also zum Gelde, zu 
erklären, was in Deutschland vielfach geschehen ist, besonders durch 
Gewohnheitsrecht. Es hat ferner in Deutschland zahlreiche Staaten 
gegeben, welche keine Münzfabriken hatten, sondern *welche entweder 
zeitweise gar nicht ausmünzen ließen oder welche die Herstellung von 
Münzen bei auswärtigen Prägeanstalten gegen Bezahlung bestellten. Da- 
gegen hat es keinen deutschen Staat gegeben ohne Münzsystem, d.h. 
ohne Regelung der Währung usw. durch Rechtssätze. Der Staat könnte 
es der Privatindustrie überlassen, Münzen herzustellen, wie er es ihr 
überläßt, Maße und Gewichte herzustellen, und sich auf eine Eichung 
der Münzen oder auf eine Kontrolle der Münzfabriken beschränken. 
Der Staat kann andererseits im Auftrage von Privatpersonen und 
gegen Bezahlung die Herstellung von Münzen übernehmen, wie er für 
sie Güter befördert oder ihre Wechsel diskontiert; während er seine 
Hoheitsrechte doch nur im Öffentlichen und staatlichen Interesse, nicht 
auf Bestellung von Privatpersonen gegen Vergütung auszuüben 
vermag. 
3. Auf dem Gegensatz der beiden einander gegenüberstehenden 
Begriffe beruht die staatsrechtliche Gestaltung des heutigen 
deutschen Münzwesens und ihre Eigenartigkeit; aufihm die Abgrenzung 
der Kompetenz zwischen Reich und Einzelstaaten. Man kann das 
oberste Prinzip in dem einen Satz zusammenfassen: Das Reich hat 
dieausschließlicheBefugniszurRegelung des Münz- 
systems (Münzhoheit), die Einzelstaaten haben da- 
gegen die Befugnis zur Prägungvon Reichsmünzen 
(Münzmonopol)!). 
Diese Trennung von Münzhoheit und Münzmonopol ist für die 
Münzverfassung des Deutschen Reiches charakteristisch und findet viel- 
leicht in keinem anderen Staate ihresgleichen. Auf ihr beruht es, daß 
es in Deutschland im juristischen Sinne keine Landesmünzen, sondern 
nur Reichsmünzen gibt, daß Deutschland ein einheitliches Münzgebiet 
im Sinne vom Rechtsgebiet ist, daß der Charakter eines gemünzten 
Metallstücks als Geld durch die Anordnung und Anerkennung des Reiches 
begründet ist, daß die innere und äußere Beschaffenheit der Münzen durch 
das Reich ausschließlich festgesetzt wird. Auf ihr beruht es aber zugleich, 
daß das Reich keine Münzen prägt und keine Anstalt dafür hat, daß 
vielmehr diejenigen Einzelstaaten, welche sich mit dem Betriebe von 
Münzfabriken befassen wollen, die Herstellung von Reichsmünzen über- 
— 
1) Zustimmend Hensel, Annalen 1882, S. 36; Nasse in Schönbergs Handb. 
I, S. 242; Koch in v. Holtzendorffs Rechtslexik. II, S. 824; Löning S. 665; Sey- 
del, Bayer. Staatsr. Bd. 3, S. 337 und namentlich Helfferich S. 344 ff. Anderer 
Ansicht Zorn HJ, S. 341 und Meyer], 8 119.
	        
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