Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Dritter Band. (3)

14 8 72. Die Konsulate. 
liche Wirksamkeit zuweisen, begründen sie zunächst nurinternatio- 
nale Rechte des Reiches gegenüber dem Staate, mit welchem der Ver- 
trag geschlossen worden ist, während das Reichskonsulatsgesetz die 
staatsrechtliche Norm für die Befugnisse und Pflichten der Kon- 
suln bildet. In den Staatsverträgen wird dies regelmäßig in klarer und 
unzweideutiger Weise hervorgehoben, indem die Artikel, welche die 
Ausübung obrigkeitlicher Befugnisse betreffen, die Klausel zu enthalten 
pflegen: »soweit die Konsuln nach den Gesetzen des Staates, der sie 
ernannt hat, dazu befugt sind« !). 
1. Die obrigkeitlichen Rechte der Konsuln lassen sich 
unter folgende Kategorien bringen : 
a) Befugnisse der Standesbeamten?). 
Der Reichskanzler kann einem Konsul des Deutschen Reiches für 
dessen Amtsbezirk die allgemeine Ermächtigung zur Vornahme von 
Eheschließungen und zur Beurkundung der Geburten, Heiraten und 
Sterbefälle von Reichsangehörigen und Schutzgenossen erteilen?). Die 
Rechtsvorschriften über die Ausübung dieser Befugnisse sind in dem 
Gesetz vom 4. Mai 1870 enthalten, dessen Fassung durch Art. 40 des 
Einf.-Ges. zum BGB. abgeändert worden ist; sie übertragen dem Kon- 
sul dieselben amtlichen Rechte und Pflichten, wie sie innerhalb des 
Bundesgebietes den Standesbeamten durch das Gesetz vom 6. Februar 
1875 zugewiesen sind. Jedoch sind die Konsuln befugt, für die von 
ihnen bewirkten Einträge und erteilten Urkunden Gebühren zu er- 
heben‘), während die Standesregister im Reichsgebiet kostenfrei ge- 
zeichnisse finden sich auch bei Zorn, Konsulargesetzgebung (3. Aufl.), S. 524fg. und 
bei v. König (7. Aufl), $ 6. Ueber die den deutschen Konsuln zustehenden Befrei- 
ungen und Vorrechte vgl. den Aufsatz von Prieß in Hirths Annalen 1910, S. 776. 
1) In der Regel gehen daher infolge dieses Vorbehaltes die Reichs- 
gesetze, insbesondere das Konsulatsgesetz, den Konsularverträgen vor. Da aber Staats- 
verträge, wenn sie vom Reichstag genehmigt, vom Bundesrat sanktioniert und vom 
Kaiser ordnungsmäßig verkündigt sind, Gesetzeskraft haben, so können sie als 
Spezialgesetze sowie als die jüngeren Gesetze anderen Reichsgesetzen gegen- 
über derogatorische Kraft haben. Es kommt darauf an, ob die Verkündigung des 
Vertrages die Ermächtigung der Konsuln enthält, die dem Reich zugesicherten 
Rechte auszuüben, was im Zweifel anzunehmen ist. Insoweit ist Zorn, Staatsrecht 
Il, S. 453, zuzustimmen. 
2) Eine sehr vollständige Darstellung bei v. König S. 213 —257. 
3) Konsulatsgesetz $ 13. Reichsgesetz vom 4. Mai 1870, 8 1. Gesetz vom 6. Fe- 
bruar 1875, 8 85. Dieselbe Ermächtigung kann auch einem diplomatischen Ver- 
treter (Gesandten) für das ganze Gebiet des Staates, bei dessen Hofe oder Regierung 
derselbe beglaubigt ist, erteilt werden. Die Befugnis zur Vornahme von Eheschließungen 
greift auch dann Platz, wenn nur einer der beiden Verlobten ein Reichsangehöriger 
oder Schutzgenosse ist. Gesetz vom 4. Mai 1870, $ 10. Gesetz vom 6. Februar 1875, 
8 85, Abs. 2. — Ueber den Begriff der Schutzgenossen siehe unten. Die Ermächtigung 
ist hinsichtlich der de facto Untertanen und der Schweizer erteilt, hinsichtlich der 
österreichisch-ungarischen Staatsangehörigen und Luxemburger dagegen bisher nicht 
erfolgt. v. König S. 222. 
4) Gesetz vom 4. Mai 1870, $ 14. Gesetz vom 17. Mai 1910, Tarif Nr. 3, 13, 17, 
31 (Reichsgesetzbl. S. 847).
	        
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