Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Dritter Band. (3)

8 76. Das Münzwesen. 183 
stalt aus Gefälligkeit auch Münzen mit dem Bildnis anderer deutschen 
Landesherren oder dem Hoheitszeichen einer freien Stadt prägt. Bei 
den Goldmünzen und den Silbermünzen über 1 Mark sind demnach die 
Reversseite und der Rand bei sämtlichen Stücken derselben Sorte gleich, 
die Aversseite dagegen ist nach den Münzstätten verschieden; bei den 
übrigen Scheidemünzen sind beide Seiten gleich. Um die möglichste 
Gleichförmigkeit des Gepräges zu sichern, sind die Urmatrizen für die 
übereinstimmend auf allen Münzstätten zu prägenden Seiten der Reichs- 
münzen, für den Rand und die Zahlen in der Münzstätte zu Berlin 
angefertigt worden, und allen übrigen Münzanstalten werden Matrizen, 
welche mittelst dieser Urmatrizen hergestellt sind, überwiesen !). 
Nicht nur das Gepräge, sondern auch das von den Münzstätten 
zu beobachtende Verfahren bei der Ausprägung wird vom Bundesrat 
festgestellt und von seiten des Reiches beaufsichtigt?). Die Münzstätten 
dürfen keine Gold- oder Silbermünzen zur Verausgabung abliefern, 
welche von dem gesetzlichen Normalgewicht in mehr oder weniger 
weiter abweichen, als es in dem Münzgesetz für die einzelnen Münz- 
sorten vorgeschrieben ist?). Für die Gewichts- und Gehaltsprüfung der 
Gold- und Silbermünzen (sogenannte Justierung) ist durch die vom 
Bundesrat erlassenen Vorschriften ein sorgfältiges Verfahren und eine 
strenge Kontrolle vorgeschrieben ?). 
3. Die Beaufsichtigung der Landesmünzstätten seitens des Reiches 
erfolgt durch Kommissare, welche der Reichskanzler ernennt.. 
Dieselben haben örtliche Revisionen der Münzstätten vorzunehmen 
und dabei über die Befolgung der vom Bundesrat erlassenen Vor- 
schriften und über das gesamte Verfahren bei der Ausprägung sich 
Kenntnis zu verschaffen. Sie sind befugt, die Register und Journale, 
die im Betriebe befindlichen Goldbestände und neugeprägten Reichs- 
münzen zu untersuchen. Die Münzbeamten müssen sie bei den Re- 
visionsgeschäften unterstützen ‘). Auch muß jede Münzstätte alljährlich 
daran gewöhnt, in dem Bildnis des Fürsten ein Symbol der Münzhoheit, d.h. 
der Staatsgewalt, zuerblicken und mit Rücksicht auf diese, den früheren Rechts- 
zuständen Deutschlands entstammende, volkstümliche, aber staatsrechtlich nicht mehr 
zutreffende Anschauung hat die Reichsgesetzgebung gestattet, daß die Reichsmünzen 
mit den Bildnissen der Landesherren bestempelt werden. Erörterungen darüber, 
welche aber das Wesen der Sache nicht treffen, finden sich in den Verhandlungen 
des Reichstages 1871, II. Session, Stenogr. Berichte Bd. 1, S. 335 ff. 
1) Bundesratsbeschluß vom 7. Dezember 1871, Ziff. 4 und vom 8. Juli 1873, Ziff. 20. 
(Abgedruckt in der I. und III. Denkschrift von 1872 und 1874.) 
2) Münzgesetz $ 7, Abs. 1. Der Bundesrat hat das zu beobachtende Verfahren 
geregelt durch die Beschlüsse vom 7. Dezember 1871 (Ziff. 7—13) und vom 8. Juli 
1873 (Ziff. 5—17). 
3) Diese sogenannte „Toleranz“ beträgt für Doppelkronen und Kronen 2!/s 
Promille des Gewichts und 2 Promille des Feingehaltes; für Silbermünzen im Fein- 
gehalt 3 Promille, im Gewichte 10 Promille. Münzgesetz $ 4. 
4) Vgl. darüber SoetbeerS. 47 ff. 73 ff. 
5) Bundesratsbeschluß vom 7. Dezember 1871, Ziff. 14 und vom 8. Juli 1873, Nr. 21.
	        
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