Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Dritter Band. (3)

8 77. Das Maß- und Gewichtswesen. 199 
a) Sie hat darüber zu wachen, daß das Eichwesen im gesamten 
Reichsgebiet nach übereinstimmenden Regeln und dem Interesse des 
Verkehrs entsprechend gehandhabt wird. Sie ist befugt, zeitweilig und 
mit Genehmigung des Bundesrats dauernd, die Eichung bestimmter 
Gattungen von Meßgeräten sich ausschließlich vorzubehalten oder unter 
ihre unmittelbare Aufsicht zu stellen. 
b) Ihr liegt ob, das bei der Eichung zu beobachtende Verfahren 
festzustellen und überhaupt alle die technische Seite des Eichwesens 
betreffenden Fragen zu regeln. 
c) Sie hat die Ausführungsbestimmungen zur Maß- und Gewichts- 
ordnung über Material, Gestalt, sonstige Einrichtung und Bezeichnung 
aller eichfähigen Meßgeräte, sowie über die Bedingungen ihrer Eich- 
fähigkeit zu erlassen und die von den Eichbehörden innezuhaltenden 
Fehlergrenzen festzusetzen. Sie hat zu bestimmen, unter welchen 
Voraussetzungen Gegenstände zur Eichung zuzulassen sind, die den 
allgemeinen Ausführungsvorschriften nicht entsprechen, und die Be- 
dingungen festzustellen, unter denen Meßgeräte, die nicht oder nicht 
mehr den Vorschriften entsprechen, aus dem Verkehr zu ziehen sind. 
d) Sie hat an die Aufsichtsbehörden die Normale zu verabfolgen 
und sie periodisch mit dem Urmaß und dem Urgewicht zu ver- 
gleichen. 
In Bayern ist die Verwaltungskompetenz der Normaleichungs- 
kommission ausgeschlossen. Bayern hat vielmehr seine eigene 
Normaleichungskommission, welche für das Gebiet des Königreichs 
diejenigen Befugnisse auszuüben hat, welche in dem übrigen Reichs- 
gebiet der Reichsbehörde zustehen?!). Demgemäß ist es der bayerischen 
Regierung überlassen, die Anordnungen über die innere Einrichtung, 
den Geschäftsbetrieb und den Wirkungskreis der bayerischen Normal- 
eichungskommission zu erlassen. Die Ausführungsvorschriften zur 
Maß- und Gewichtsordnung (Eichordnung usw.) werden für das Gebiet 
des Königreichs Bayern von der bayerischen Normaleichungskom- 
mission angeordnet. Bayern ist aber verpflichtet, die technischen 
Eichungsvorschriften in Uebereinstimmung mit den von der Reichs- 
normaleichungskommission getroffenen Anordnungen zu erlassen ($ 25, 
Abs. 2). Daher ist die Autonomie Bayerns auf diesem Gebiet ein nur 
formelles Recht, materiell kann die bayerische Normaleichungskom- 
mission keine anderen Vorschriften geben als die im übrigen Reichs- 
gebiet geltenden. Auch erstreckt sich die im $ 19, Abs. 1 der Normal- 
eichungskommission übertragene Funktion, darüber zu wachen, daß 
das Eichwesen im gesamten Reichsgebiet nach übereinstimmenden 
Regeln und dem Interesse des Verkehrs entsprechend gehandhabt wird, 
auch auf Bayern’). Unberührt davon bleibt die nach Art. 17 der 
1) Reichsgesetz vom 22. November 1871, S 3 (Reichsgesetzbl. S. 397). Maß- und 
Gewichtsordnung $ 25, Abs. 1. 
2) Vgl. Plato S. 121 ff.
	        
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