Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Dritter Band. (3)

8 78. Die Gewerbepolizei. 241 
werker führen, welche für dieses Handwerk die Meisterprüfung be- 
standen und das 24. Lebensjahr zurückgelegt haben !). Die Verletzung 
dieser Vorschrift wird mit Geldstrafe bis zu 150 Mark oder Haft bis 
zu vier Wochen bestraft ($ 148, Ziff. 9 c). 
11. Die Gewerbeordnung von 1869 enthielt besondere Vorschriften 
über die »in Fabriken« beschäftigten Arbeiter und Arbeiterinnen; durch 
die Novellen vom 17. Juli 1878 und vom 1. Juli 1891 wurden diese 
Bestimmungen wesentlich abgeändert und der Arbeiterschutz erhöht. 
Es ergaben sich in der Praxis aber Zweifel über den Begriff einer 
»Fahrik« und über die Abgrenzung der Fabrikbetriebe von den Hand- 
werksbetrieben. Je eingreifender die Vorschriften über den Arbeiter- 
schutz gestaltet wurden, desto fühlbarer machte sich die Unsicherheit 
über den Umfang ihres Geltungsbereichs; als durch die Novellen vom 
28. Dezember 1908 die Vorschriften dieses Abschnittes von neuem er- 
weitert und verschärft wurden, ließ man die Unterscheidung von Fa- 
briken und anderen Betrieben fallen und strich in dem ganzen 4. Ab- 
schnitt des Titel VII der Gewerbeordnung den Ausdruck »Fabrik«. 
Dagegen wurden Bestimmungen getroffen für Betriebe, in denen in 
der Regel mindestens 20 Arbeiter beschäftigt werden ($ 133 h bis 134 h) 
und für alle Betriebe, in denen in der Regel mindestens 10 Arbeiter 
beschäftigt werden ($ 134i bis 139 aa). Die Unterscheidung der Betriebe 
mit mehr als 10 Arbeitern von den kleineren Betrieben war dadurch 
geboten, daß der internationale Vertrag von Bern vom 26. September 
1906 (Reichsgesetzbl. 1911, S. Sff.) über das Verbot der Nachtarbeit der 
gewerblichen Arbeiterinnen nur für Betriebe gilt, in denen mehr als 
10 Arbeiter beschäftigt werden. 
a) In Betrieben, in welchen in der Regel mindestens 20 Arbeiter be- 
schäftigt werden, muß eine Arbeitsordnung erlassen, an geeigneter, 
allen beteiligten Arbeitern zugänglicher Stelle ausgehängt und stets in 
lesbarem Zustande erhalten und jedem Arbeiter bei seinem Eintritt 
in die Beschäftigung behändigt werden. Sie muß Bestimmungen ent- 
halten über die regelmäßige tägliche Arbeitszeit und die Pausen, über 
Zeit und Art der Abrechnung und Lohnzahlung, über Kündigungs- 
fristen und Entlassungsgründe, über Strafen und Lohnabzüge und 
deren Verwendung. Vor dem Erlaß der Arbeitsordnung oder eines 
Nachtrages zu derselben ist den in der Fabrik oder in der be- 
treffenden DBetriebsabteilung beschäftigten großjährigen Arbeitern 
Gelegenheit zu geben, sich über den Inhalt derselben zu äußern; 
wenn ein ständiger Arbeiterausschuß ?) für die Fabrik besteht, so ist 
1) Besondere Bestimmungen sind in $ 133, Abs. 2 für das Baugewerbe getroffen ; 
die Voraussetzungen für die Befugnis den Meistertitel zu führen, sind vom Bundesrat 
und bis zum Inkrafttreten des Bundesratsbeschlusses von der Landesregierung fest- 
zusetzen. 
2) Ueber den Begriff des Arbeiterausschusses und die Zusammensetzung dessel- 
ben vgl. Gewerbeordnung 8 134h.
	        
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