$ 78. Die Gewerbepolizei. 243
Beschäftigung von Kindern, welche das 13. Lebensjahr noch nicht
vollendet haben oder noch zum Besuche der Volksschule verpflichtet
sind; es unterscheidet die Beschäftigung fremder und eigener Kinder.
In gewissen Betrieben ist die Beschäftigung von Kindern gänzlich
untersagt; soweit sie gestattet ist, unterliegt sie Beschränkungen hin-
sichtlich der Zeit und der Dauer der Beschäftigung. Der Arbeitgeber
hat vor dem Beginn der Beschäftigung eines fremden Kindes der Orts-
polizeibehörde eine schriftliche Anzeige zu machen, in welcher die
Betriebsstätte des Arbeitgebers sowie die Art des Betriebes anzugeben
sind. Er erhält von der Ortspolizeibehörde für jedes Kind eine Ar-
beitskarte und darf das Kind erst beschäftigen, nachdem ihm für das-
selbe eine Arbeitskarte eingehändigt ist ($ 10, 11). Für die Beschäfti-
gung eigener Kinder ($ 3) gelten weniger eingreifende Beschränkungen
und sind gewisse Ausnahmen zugelassen (8 12 ff.)}).
Arbeiterinnen dürfen nicht in der Nachtzeit von 8 Uhr abends
bis 6 Uhr morgens und an den Vorabenden der Sonn- und Festtage nicht
nach 5 Uhr nachmittags beschäftigt werden. Für sie ist eine Maximalar-
beitszeit von 10 Stunden täglich, an den Vorabenden der Sonn- und Fest-
tage von 8 Stunden festgesetzt. Sie haben Anspruch auf eine min-
destens einstündige, und wenn sie ein Hauswesen zu besorgen haben,
anderthalbstündige Mittagspause. Wöchnerinnen dürfen vor und nach
ihrer Niederkunft im ganzen während 8 Wochen nicht beschäftigt
werden und in die Beschäftigung erst wieder eintreten, wenn seit ihrer
Niederkunft wenigstens 6 Wochen verflossen sind.
Wegen außergewöhnlicher Häufung der Arbeit kann auf Antrag
des Arbeitgebers eine Ueberschreitung der Maximalzeit (bis zu 12 Stun-
den täglich) von der unteren Verwaltungsbehörde auf die Dauer von
2 Wochen, für eine längere Zeit von der höheren Verwaltungsbehörde
erteilt werden ?).
Sollen Arbeiterinnen oder jugendliche Arbeiter beschäftigt werden,
so hat der Arbeitgeber vor dem Beginn der Beschäftigung der Orts-
polizeibehörde eine schriftliche Anzeige zu machen 8 138, Abs. 1.
Ausnahmen von den Beschränkungen hinsichtlich der Beschäfti-
gung jugendlicher Arbeiter und Arbeiterinnen können, wenn Natur-
ereignisse oder Unglücksfälle den regelmäßigen Betrieb einer Anlage
unterbrochen haben, auf die Dauer von 4 Wochen von der höheren
Verwaltungsbehörde, auf längere Zeit vom Reichskanzler, in
dringenden Fällen und höchstens auf die Dauer von 14 Tagen
von der unteren Verwaltungsbehörde gewährt werden ($ 139, Abs. 1).
Auch kann aus besonderen Gründen für einzelne Betriebe eine andere
Festsetzung der Arbeitszeit durch den Reichskanzler gestattet
1) A. Siquet, Der strafrechtl. Schutz des Kindes in der Gewerbeordnung und
im Kinderschutzgesetz. Karlsr. 1912.
2) Die näheren Bedingungen und Kompensationen enthält der durch die Novelle
von 1891 hinzugefügte $ 138a.