Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Dritter Band. (3)

244 8 78. Die Gewerbepolizei. 
werden (8 139, Abs. 2). In diesen Fällen ist ausnahmsweise dem Reichs- 
kanzler eine unmittelbare Verwaltungszuständigkeit in Gewerbepoli- 
zeisachen zugewiesen. | 
e) Der Bundesrat ist befugt, die Verwendung von jugendlichen 
Arbeitern, sowie von Arbeiterinnen für gewisse Gewerbezweige, welche 
mit besonderen Gefahren für die Gesundheit oder die Sittlichkeit ver- 
bunden sind, gänzlich zu untersagen oder von besonderen Bedingungen 
abhängig zu machen. Andererseits kann der Bundesrat für gewisse 
Klassen von Anlagen, für welche die gesetzlichen Vorschriften über 
die Beschäftigung von Kindern und jugendlichen Arbeitern nach der 
Art der Arbeit nicht durchführbar sind, Ausnahmen zulassen, oder 
für gewisse Grewerbezweige die Abkürzung oder den Wegfall der für 
jugendliche Arbeiter vorgeschriebenen Pausen oder der für Arbeite- 
rinnen festgesetzten Maximalarbeitszeit gestatten !). Indes dürfen ge- 
wisse wöchentliche Maximalarbeitszeiten nicht überschritten wer- 
den und die erforderlichen Pausen müssen frei bleiben ?). Die Ver- 
ordnungen müssen auf eine bestimmte Zeit beschränkt werden; sie 
können auch für bestimmte Bezirke erlassen werden. Sie sind durch 
das Reichsgesetzblatt zu veröffentlichen und dem Reichstage bei seinem 
nächsten Zusammentritt zur Kenntnisnahme vorzulegen ?°). 
12. Die Aufsicht über die Ausführung der Bestimmungen über die 
Sonntagsruhe (ausgenommen im Handelsgewerbe), über die im Inter- 
esse der Sicherheit, Gesundheit, Sittlichkeit erforderlichen Anlagen und 
Einrichtungen ($ 120 a—120f) und über die Beschäftigung der Arbeiter 
in Betrieben, in welchen mindestens 10, resp. 20 Arbeiter beschäftigt 
werden, ist ausschließlich oder neben den ordentlichen Polizeibe- 
hörden von Gewerbeinspektoren zu führen %. Sie haben alle 
amtlichen Befugnisse der Ortspolizeibehörden, insbesondere das Recht 
zur jederzeitigen Revision der Anlagen, auch in der Nacht, während 
die Anlagen im Betriebe sind. Diese Beamten werden von den Lan- 
desregierungen ernannt; die Ordnung der Zuständigkeitsverhältnisse 
zwischen ihnen und den ordentlichen Polizeibehörden gehört zur Kom- 
petenz der Einzelstaaten °). Sie haben Jahresberichte über ihre amt- 
liche Tätigkeit zu erstatten; diese Jahresberichte oder Auszüge aus 
denselben sind dm Bundesrat und dem Reichstage vorzu- 
legen. Die Arbeitgeber sind verpflichtet, den Inspektoren (oder der 
Polizeibehörde) die vom Bundesrat oder der Landeszentralbehörde 
1) 8 139a. Auf Grund dieser Ermächtigung hat der Bundesrat zahlreiche Ver- 
ordnungen erlassen. Vgl. Reichsgesetzbl. 1892 S. 317, 324, 327, 328, 331, 334, 602, 
604; 1893 S. 148, 264; 1895 S. 5, 8, 420 usw. 
2) $ 139 a, Abs. 2-4 (Nov. von 189]). 3) $S 139a, Abs. 5 (Nov. von 1891). 
4) Gewerbeordnung $ 139 b. 
5) Vgl. für Preußen den Allerh. Erlaß vom 27. April 1891 (Gesetzessamml. S. 165) 
und die Dienstanweisung für die Gewerbeaufsichtsbeamten vom 23. März 1892. 
(Minist.-Blatt für die innere Verwaltung S. 160.)
	        
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