8 79. Der Patentschutz. 249
Das Patentamt ist verpflichtet, auf Ersuchen der Gerichte über
Fragen, welche Patente, Gebrauchsmuster oder Warenbezeichnungen be-
treffen, Gutachten abzugeben, jedoch nur unter der Voraussetzung,
daß in dem gerichtlichen Verfahren von einander abweichende Gut-
achten mehrerer Sachverständiger vorliegen!,. Im übrigen ist das
Patentamt nicht befugt, ohne Genehmigung des Reichskanzlers außer-
halb seines gesetzlichen Geschäftskreises Beschlüsse zu fassen oder
Gutachten abzugeben ?).
Das Patentamt entscheidet in dem ganzen ihm zugewiesenen Ge-
schäftskreise mit der vollen Unabhängigkeit eines Gerichtshofes und
kann daher mit Recht als ein besonderer Verwaltungsgerichtshof für
Patentsachen bezeichnet werden; jedoch gehören die Mitglieder des
Patentamts nicht zu denjenigen Beamten, welchen der 8158 des Reichs-
beamtengesetzes einen besonderen Rechtsschutz gewährt’).
4. Die Erteilung eines Patentes erfolgt unter folgenden
Voraussetzungen:
a) Patente werden erteilt für neue Erfindungen, welche
eine gewerbliche Verwertung gestatten‘). Erfin-
dungen stehen im Gegensatz zu Entdeckungen’); ausgeschlossen
von dem Patentschutze sind deshalb »rein wissenschaftliche Ent-
deckungen, die Auffindung unbekannter Naturprodukte, die Entdeckung
unbekannter Produktivkräfte, die Aufstellung neuer Methoden des
Ackerbaues oder Bergbaues usw., die Kombination neuer Pläne für
Unternehmungen auf dem Gebiete des Handels«®). Die Erfindung
wird nur dann patentiert, wenn sie eine gewerbliche Verwer-
tung gestattet; da der Patentschutz in nichts anderem besteht, als in
der Monopolisierung der gewerblichen Verwertung einer Erfindung,
so ist de Möglichkeit der gewerblichen Verwertung ein durch
den Begriff selbst gegebenes Erfordernis, eine logische Vorbedingung
der Patentierung ‘).
erscheinen (amtliche) „Mitteilungen aus dem Kaiserl. Patentamte.e Anmelde-
stelle für Gebrauchsmuster“. Berlin (seit 1891).
1) Patentgesetz $ 18, Abs. 1 (Nov.) Verordnung vom 11. Juli 1891, $ 2, Abs. 3.
Gesetz vom 30. Juni 189, 8 11.
2) Patentgesetz S 18.
3) Vgl. Damme im „Gewerbl. Rechtsschutz und Urheberrecht“ 1898, Nr. 9.
4) Patentgesetz 8 1, Abs. 1.
5) Dambach (S. 2) definiert eine Erfindung als die Schaffung und Hervorbrin-
gung eines neuen, bisher nicht vorhanden gewesenen Gegenstandes oder Produktions-
mittels zu materiellen Gebrauchszwecken. Vgl. über andere Definitionsversuche
GareisS. 25fg.; Klostermann (bei Endemann) S. 320fg.; Meyer-Dochow
Ss. 871; Seligsohn S. 6fg.
6) Motive zum Gesetzentwurf von 1877, S. 17.
7) Dies darf man jedoch nicht verwechseln mit der größeren oder geringeren
Wahrscheinlichkeit, daß die Erfindung wirklich eine gewerbliche Verwertung finden
werde, d. h. mit dem Urteil über die wirtschaftliche Nützlichkeit oder Brauchbarkeit
einer Erfindung. Vgl. Gareis S. 34.