Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Dritter Band. (3)

314 $& 82. Die Arbeiterversorgung. Unfallversicherung. 
rungsgesetz errichteten Genossenschaften bleiben in ihrem Bestande 
($ 630 Abs. 3). Die wesentlichen Erfordernisse für die Bildung der 
Berufsgenossenschaften sind einerseits die unzweifelhafte Leistungs- 
fähigkeit, andererseits die Gleichartigkeit der Betriebszweige. Inner- 
halb dieser Schranken war die Bildung der Genossenschaften den Be- 
triebsunternehmern auf dem Wege der Vereinbarung, jedoch unter 
Zustimmung des Bundesrates und unter Mitwirkung des Reichsver- 
sicherungsamtes gestattet. Für diejenigen Industriezweige, für wel- 
che auf diesem Wege eine Genossenschaft nicht freiwillig gebildet wurde, 
erfolgte die Errichtung durch den Bundesrat nach Anhörung von 
Vertretern der beteiligten Industriezweige?). Für diejenigen Ge- 
werbszweige, welche der Unfallversicherung neu unterstellt worden 
sind, erfolgte die Errichtung der Berufsgenossenschaften durch den 
Bundesrat nach Anhörung von Vertretern der beteiligten Gewerbs- 
zweige und Genossenschaften ?. Mehrere Genossenschaften können 
mit Genehmigung des Bundesrats durch übereinstimmenden Beschluß 
der Genossenschaftsversammlungen sich vereinigen oder beschließen, 
daß einzelne Gewerbszweige oder örtlich begrenzte Teile aus einer Ge- 
nossenschaft in eine andere übergehen (8 636 fg... Zur Errichtung 
einer besonderen Genossenschaft für einzelne Gewerbszweige oder ört- 
lich begrenzte Teile einer Genossenschaft ist außer einem Beschluß 
der Genossenschaft eine »Entscheidung« des Bundesrats erforderlich, 
welche das Reichsversicherungsamt vorbereitet; d. h. der Bundesrat 
kann den Antrag der Genossenschaft ablehnen (88 639-641). Ueber 
den Uebergang der Verpflichtungen zur Unfallentschädigung und, des 
entsprechenden Teils der Rücklage und des anderen Vermögens 
(vgl. 8$ 642-646). Wird eine Berufsgenossenschaft zur Erfüllung 
ihrer gesetzlichen Verpflichtungen leistungsunfähig, so kann sie auf 
Antrag des Reichsversicherungsamtes (Beschlußsenats) von dem Bun- 
desrate aufgelöst werden unter Zuteilung der Industriezweige, die 
ihr angehört haben, an andere Genossenschaften. Die Rechtsansprüche 
und Verpflichtungen der aufgelösten Genossenschaften gehen auf das 
Reich über und falls sie einem Landesversicherungsamte unterstellt 
war, auf den Bundesstaat (8 647 fg.). 
triebe solcher Art oder betreibt ein Unternehmer mehrere der gewerblichen Un- 
fallversicherung unterliegende Betriebe, so ist er der Genossenschaft zuzuteilen, 
welcher der Hauptbetrieb angehört. Ausgenommen hiervon sind Binnenschiffahrts- 
und Flößereibetriebe. $ 631; 632. 
1) Unfallversicherungsgesetz von 1884 85 12—14. 2) Daselbst $ 15. 
3) Gesetz vom 30. Juni 1900, $ 2 (Reichsgetzbl. S. 537). Es gibt jetzt 68 gewerb- 
liche Berufsgenossenschaften, mit Einschluß der zwei auf Grund der Reichsversiche- 
rungsordnung im Oktober 1912 neu errichteten für Detailhandelsbetriebe und für das 
nichtgewerbsmäßige Halten von Fahrzeugen auf Binnengewässern sowie von Reittieren. 
Zentralbl. 1912 S. 787. Das Verzeichnis der Berufsgenossenschaften nebst den für sie 
geltenden Zuständigkeitsbestimmungen findet sich in den Kommentaren zur Reichs- 
versicherungsordnung (Unfallvers.) z. B. bei Hanow u. Genossen III, 2 S. 895 ff.
	        
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