Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Dritter Band. (3)

$ 82. Die Arbeiterversorgung. Unfallversicherung. 329 
nach Durchschnittspreisen fest ($ 953). Die Sachbezüge gewährt die 
Gemeinde des Wohnorts; der Anspruch auf Rente geht im Werte der 
Sachbezüge auf die Gemeinde über ($ 954). Streitigkeiten zwischen 
der Gemeinde und dem Berechtigten entscheidet das Versicherungs- 
amt (Beschlußausschuß); auf Beschwerde endgültig das Oberversiche- 
rungsamt. 
4. Träger der Versicherung sind Berufsgenossenschaften, 
deren Mitglieder die Unternehmer der versicherten Betriebe sind; sie 
werden nach örtlichen Bezirken gebildet und umfassen alle Betriebe 
der Betriebszweige, für die sie errichtet sind’). Das Reich oder der 
Bundesstaat ist für die für seine Rechnung geführten Betriebe Träger 
der Versicherung, wenn der Betrieb nicht einer Berufsgenossenschaft 
angehört (88 956 fi.). Die von den gewerblichen Berufsgenossenschaf- 
ten geltenden Regeln finden fast durchweg auf die landwirtschaftlichen 
Anwendung; erhebliche Besonderheiten sind folgende : Das Reichsver- 
sicherungsamt ist nicht berechtigt, an Stelle der Genossenschaften Un- 
fallverhütungsvorschriften zu erlassen und technische Aufsichtsbeamte 
anzustellen ($ 975)°?. Die Genossenschaftsversammlung besteht aus 
Vertretern der Mitglieder; ihre Zusammensetzung und Berufung 
und die Art ihrer Beschlußfassung muß in der Satzung bestimmt wer- 
den und sie ist mindestens jährlich einmal einzuberufen (8 972 Ziff. 5; 
8 976). Am erheblichsten aber ist die Bestimmung des $ 977, daß die 
Genossenschaftsversammlung für eine bestimmte Zeit die Prüfung und 
Abnahme der Jahresrechnung und die Vorstandsgeschäfte ganz 
oder teilweise an Organe der Selbstverwaltung übertragen kann. Dazu 
ist deren Einverständnis und die Genehmigung der obersten Verwal- 
tungsbehörde nötig. Die Rechte und Pflichten der Organe der Genos- 
senschaft gehen dann auf die Organe der Selbstverwaltung über. 
Die Aufsichtsbefugnisse des Reichsversicherungsamtes erstrecken sich 
nicht auf die dienstlichen Verhältnisse von staatlichen Behörden oder 
von Organen der Selbstverwaltung, welche die Genossenschaft verwal- 
ten ($ 985). Die Aufsicht über dieselben wird von den landesgesetz- 
lich bestimmten Behörden geführt. Wo die Berufsgenossenschaften 
von diesem Recht Gebrauch gemacht haben, ist die Verwaltung der land- 
wirtschaftlichen Unfallversicherung mit der Selbstverwaltung vereinigt 
und ein besonders geregelter Gegenstand derselben. Bei der Feststel- 
lung der Vorschriften über Unfallverhütung und Betriebsüberwachung 
1) Es gibt 49 landw. Berufsgenossenschaften mit Einschluß der im Oktober 1912 
neu errichteten Gärtnereiberufsgenossensch. Zentralbl. 1912, S. 787. Das Verzeichnis 
derselben z. B. in dem Kommentar von Hanow und Genossen III2, S. 914 ff. Das 
Reichsversicherungsamt hat Mustersatzungen für die landw. und forstwirtsch. Betriebe 
verfaßt; sie sind gedruckt in den Amtl, Nachr. 1912, S. 606, 636. 
2) Die Pflicht der Genossenschaft Vorschriften für Unfallverhütung zu erlassen 
und die Betriebe zu überwachen, wird dadurch nicht berührt ($ 1030; 972 Ziff. 13). 
Die Erfüllung dieser Pflicht kann vom Reichsversicherungsamt durch Strafen er- 
zwungen werden ($$ 851; 1030 Abs. 1).
	        
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