Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Dritter Band. (3)

330 $ 82. Die Arbeiterversorgung. Unfallversicherung. 
sind aber auch von den verwaltenden Behörden des Staates oder den 
Organen der Selbstverwaltung zur Beratung und zum Beschluß Ver- 
treter der Arbeitgeber und der Versicherten in gleicher Zahl zuzuziehen 
($ 1031). 
5. Die Mittel für die Aufwendungen der Genossenschaften werden 
durch Beiträge der Mitglieder aufgebracht, die den Bedarf des ab- 
gelaufenen Geschäftsjahres decken ($ 989). Für die Verteilung des er- 
forderlichen Gesamtbedarfs auf die einzelnen Betriebe läßt die Reichs- 
versicherungsordnung verschiedene Maßstäbe zu. Der regelmäßige 
Maßstab beruht auf einer Abschätzung des Durchschnittserfordernisses 
an menschlicher Arbeit (des Arbeitsbedarfs) und ihrem Wert nach der 
Reichsversicherungsordnung, ferner dem Entgelt der Betriebsbeamten 
und Facharbeiter und endlich dem Jahresarbeitsverdienst von Unter- 
nehmern, soweit ihre Arbeitsleistungen nicht miteingeschätzt sind und 
nach der Höhe der Unfallgefahr (Gefahrklasse) ($ 990). Ueber die Ab- 
schätzung enthalten die $$ 991 ff. nähere Anordnungen; über die Aus- 
kunftspflicht der Unternehmer insbesondere (88 996 ff.). Anstatt dieses 
etwas verwickelten und in manchen Fällen wohl mit Schwierigkeiten 
verbundenen Verfahrens kann die Satzung Zuschläge zu direkten 
Staats- oder Gemeindesteuern festsetzen, wenn das Landesgesetz die 
Angehörigen des Unternehmers von der Versicherung nicht ausschließt. 
Eine solche Vorschrift kann aber nur mit Zweidrittelmehrheit der 
Genossenschaftsversammlung beschlossen werden ($ 1005). Ueber die 
Einzelheiten vgl. 88 1006 ff. Endlich kann die Satzung, wenn die 
Voraussetzungen des $ 1005 vorliegen, auch einen anderen »an- 
gemessenen« Maßstab bestimmen. Reichsversicherungsordnung $ 1010 
führt als Beispiele an, die Kulturart, die Fläche in Verbindung mit 
der Grundsteuer, den Reinertrag oder den Ertragswert (das 26fache 
des Reinertrages).. Nach dem zur Anwendung kommenden Maßstabe 
berechnet der Genossenschaftsvorstand den auf jeden Unternehmer 
entfallenden Betrag und stellt die Heberolle auf 8 1019. Die Einziehung 
der Beiträge liegt der Gemeindebehörde ob, welche über die zu 
ihrem Bezirk gehörigen Mitglieder Auszüge aus der Heberolle erhält. 
Die Gemeinde hat die Beiträge binnen vier Wochen in ganzer Summe 
an den Genossenschaftsvorstand einzusenden; sie haftet für die Bei- 
träge und muß sie im vollen Betrage einsenden, wenn sie den wirk- 
lichen Ausfall oder die fruchtlose Zwangsvollstreckung nicht nachwei- 
sen kann ($$ 1020, 1026). Auf Reichs- und Staatsbetriebe finden die 
Vorschriften über Aufbringung der Mittel sowie über Umlage- und 
Erhebungsverfahren (8$ 989—1027) keine Anwendung ($ 1033). 
6. Eigentümlich ist der landwirtschaftlichen Unfallversicherung der 
weite Umfang der Autonomie der Einzelstaaten. Nach 
dem Reichsgesetz vom 5. Mai 1886 $8$ 110, 111, 115 (Reichsgesetzbl. 
S. 168 ff.) waren die Einzelstaaten befugt, innerhalb zweier Jahre oder, 
wenn der Bundesrat die Fristverlängerung genehmigte, innerhalb einer
	        
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