30 8 72. Die Konsulate.
6) Eine volle, auf Zivil- und Strafsachen sich erstreckende Juris-
diktion über Reichsangehörige und Schutzgenossen steht den Konsuln
in der Türkei und einigen Staaten Asiens und Afrikas zu. Vgl. darüber
unten $ 86. II.
Die Konsuln können ermächtigt werden, über die Anschuldigungen
wegen Verletzungen des Verbotes des afrikanischen Sklaven-
handels an Stelle der betreffenden Gerichtshöfe Recht zu sprechen;
auch sind sie verpflichtet, den Ortsbehörden in der Unterdrückung
des Sklavenhandels Beistand zu leisten !).
g) Führung der Matrikel.
Jeder Reichskonsul hat ein Verzeichnis der in seinem Amtsbezirk
wohnenden und zu diesem Behufe bei ihm angemeldeten Reichsan-
gehörigen zu führen ?). Hierin liegt ursprünglich keine Ausübung einer
obrigkeitlichen Funktion; es gibt keine juristische Pflicht der
Reichsangehörigen zur Meldung, und die Eintragung hat in sehr vielen
Fällen gar keine juristische Wirkung?). Eine solche war mit derselben
verknüpft, indem einem Reichsangehörigen, solange er in die Mairikel
eingetragen ist, sein heimatliches Staatsbürgerrecht erhalten blieb ?).
Da durch das Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz vom 22. Juli 1913
(Reichsgesetzbl. S. 583) die Staatsangehörigkeit durch ununterbrochenen
Aufenthalt im Auslande nicht mehr verloren wird, hat die Eintragung
in die Martikel für die Erhaltung derselben keine Bedeutung mehr. Der
Konsul muß, bevor er die Eintragung vornimmt, prüfen, ob der sich
Meldende auch in der Tat ein Reichsangehöriger ist. Gewöhnlich wird
dieser Nachweis durch Heimatsscheine oder Pässe erbracht werden‘).
Ueber die erfolgte Eintragung erhält der Eingetragene auf sein Verlangen
ein vom Konsul ausgestelltes Attest (Matrikelschein, Patent); dasselbe
wird aber der Regel nach nur für die Dauer des laufenden Kalender-
jahres ausgestellt, ist also nach Ablauf desselben zu erneuern. In die
Matrikel sind nur die in dem Amtsbezirke des Konsuls wohnenden
Reichsangehörigen einzutragen, nicht vorübergehend sich daselbst auf-
haltende, und die Ansäßigen auch nur dann, wenn sie es verlangen (»sich
zu diesem Behufe bei ihm anmelden«). Die Löschung erfolgt, wenn der
1869 und vom 10. April 1870 (Justiz-Ministerialbl. 1869, S. 230; 1870, S. 111). Das von
den Konsuln zu beobachtende Verfahren bei Eidesabnahmen und Zeugenvernehmungen
ist in der allgemeinen Dienstinstruktion zu $ 20 vorgeschrieben; außerdem sind die
Bestimmungen der Zivilprozeßordnung $ 389 ff., 478ff. und der Strafprozeßordnung
8 57 ff. zu befolgen. Näheres bei v. König S. 334 ff.
1) Brüsseler General-Akte vom 2. Juli 1890, Art. 56, 71 (Reichsgesetzbl.
1892, S. 640, 645).
2) Konsulatsgesetz $ 12, Abs. 1.
3) Vgl. über die Frage nach der fakultativen oder obligatorischen Anmeldepflicht
und über die im Orient bestehenden Einrichtungen und Vorschriften F. Martens
S. 555 ff.
4) Konsulatsgesetz $ 12, Abs. 2. Gesetz vom 1. Juli 1870, 8 21.
5) Nähere Angaben enthält die Instruktion zu $12cit. Vgl.auchv. König
S. 191g.