32 8 72. Die Konsulate.
y) Sogenannte de facto-Untertanen. Alssolche können auf-
genommen werden Personen deutscher Nationalität, welche die Reichs-
angehörigkeit verloren haben oder welche von solchen Personen ab-
stammen !), oder Deutsche, welche den Schutz nicht auf Grund von
Staatsverträgen in Anspruch nehmen können, und ferner die Drago-
mans, Kawassen, Issakdschis und sonstigen Unterbeamten der Ge-
sandtschaften und Konsulate, die Familien derselben und Individuen,
welche früher ein solches Amt bekleidet haben. Die Aufnahme einer
Person in den Schutz ist ein zweiseitiges Rechtsgeschäft, welches der
Verleihung der Staatsangehörigkeit ganz analog ist’). Es ist in jedem
einzelnen Falle ein Konsens erforderlich, nämlich einerseits der An-
trag dessen, der den Schutz zu haben wünscht, andererseits die Be-
willigung des diplomatischen Vertreters des Reiches (Gesandten)?).
Sämtliche Schutzgenossen, gleichviel welcher dieser drei Klas-
sen sie angehören, werden in dieselbe Matrikel unter fortlaufenden
Nummern eingetragen; sie erhalten über die erfolgte Eintragung einen
Schutzschein und müssen denselben im Monat Januar jedesmal für
das laufende Kalenderjahr erneuern lassen ?).
Die Löschung erfolgt, wenn die rechtlichen Voraussetzungen der
Schutzgenossenschaft wegfallen, ferner durch den Uebertritt des Schutz-
genossen zum Islam’). Schutzgenossen, welche nicht Reichsangehörige
sind, werden auf ihren Antrag aus dem Schutzverhältnis entlassen, so-
fern sie nicht noch Verbindlichkeiten zu erfüllen haben, insbesondere
beischwebenden Rechtsangelegenheiten beteiligt sind‘); sie können aber
auch von dem Konsul der Eigenschaft als Schutzgenosse für verlustig
erklärt werden, wenn sie durch bescholtenen, mit Vergehen oder Ver-
brechen befleckten Lebenswandel oder durch wiederholte Nichterfül-
lung ihrer Pflichten gegen die Schutzbehörde sich des Schutzes un-
würdig machen’).
Ueber die Führung der Matrikel und die in derselben vorgenom-
1) „Falls die Aufzunehmenden in der Tat die deutsche Nationalität noch bewahrt
haben, was an der Sprache, deren sie sich bedienen, und an ihren sonstigen Verhält-
nissen leicht zu erkennen sein wird“; a. a. OÖ. $ 13, Abs. 3.
2) Vgl. Bd. 1, S. 166 ff.
3) Instruktion vom 1. Mai 1872, $ 13. Nur bei den Beamten der Gesandt-
schaften und Konsulate ist, so lange sie im Amte stehen, die Genehmigung des Ge-
sandten nicht erforderlich, wohl aber für die Familie der Beamten, $ 14, 15 eod.
4) A. a. 0.85, 6, 8, 10, Abs. 2.
5) Die Fälle, in denen das Schutzverhältnis endet, sind im $ 18 der zitierten
Instruktion unter 9 Nummern aufgeführt.
6) Wenn der Konsul gegen sie ein Strafverfahren eingeleitet hat, so können sie
sich demselben nicht durch Aufgeben der Schutzgenossenschaft entziehen. Vgl. das
Urteil des Reichs-Oberhandelsgerichts vom 2. Februar 1875. Entschei-
dungen Bd. 16, S. 17 ff.
7) Gegen die Entscheidung des Konsuls steht innerhalb 10 Tagen der Rekurs
an die kaiserl. Mission zu; bis deren Entscheidung erfolgt, ist der Schutz zu versagen.
A.a. 0.8 18, Nr. 9.