410 8 86. Die Gerichtsbarkeit des Reichs.
c) In zweiter und letzter Instanz für die Verhandlung und Ent-
scheidung über das Rechtsmittel der Revision gegen Urteile der
Schwurgerichtet!). Das Rechtsmittel kann nur darauf gestützt
werden, daß das Urteil auf einer Verletzung des Gesetzes beruhe°).
d) In zweiter und letzter Instanz für die Verhandlung und Ent-
scheidung über das Rechtsmittel der Revision gegen erstinstanzliche
Urteile der Strafkammern der Landgerichte, sofern das Rechts-
mittel nicht ausschließlich auf Verletzung einer in den Landes-
gesetzen enthaltenen Rechtsnorm gestützt wird°). In dieser Be-
schränkung kommt derselbe staatsrechtliche Gesichtspunkt zur Geltung,
wie bei der Bestimmung der Zuständigkeit des Reichsgerichts in bür-
gerlichen Rechtsstreitigkeiten. Das vom Reich einheitlich geregelte
Strafrecht und Strafprozeßrecht muß gleichmäßig gehandhabt und aus-
gelegt werden und der Regulator dafür kann nur das vom Reiche selbst
eingesetzte Gericht sein. Insoweit dagegen auf dem Gebiete des Straf-
rechts die Autonomie der Einzelstaaten sich erstreckt, kann ihnen
auch die Wahrung gleichmäßiger Handhabung der landesgesetzlichen
Vorschriften überlassen werden. Demgemäß entscheiden die Ober-
landesgerichte über das Rechtsmittel der Revision, wenn nur die Aus-
legung landesgesetzlicher Rechtsnormen in Frage steht‘). In Straf-
sachen konnte sich aber die Reichsgesetzgebung mit der Unterscheidung
zwischen Reichsgesetzen und Landesgesetzen begnügen; eine Berück-
sichtigung von partikulären Rechtsnormen, welche über den Bezirk
des Berufungsgerichts hinaus Geltung haben, fiel von selbst fort, da
durch das Reichsstrafgesetzbuch und die dazu ergangenen Ergänzungen
auf dem Gebiet des Strafrechts ein Rechtszustand hergestellt worden
ist, der für das Zivilrecht erst durch die Einführung des Bürgerlichen
Gesetzbuchs des Reichs eingetreten ist. Um aber in Staaten mit meh-
reren Oberlandesgerichten eine widerstreitende Auslegung des Landes-
strafrechts zu verhüten, ist diesen Staaten die Befugnis eingeräumt
worden, die Verhandlung und Entscheidung der zur Zuständigkeit der
Oberlandesgerichte gehörenden Revisionen und Beschwerden in Straf-
sachen ausschließlich einem oder mehreren Oberlandesgerichten
zuzuweisen ).
1) Gerichtsverfassungsgesetz $ 136, Ziff. 2. 2) Strafprozeßordnung 8 376.
3) Gerichtsverfassungsgesetz $ 136, Ziff. 2. Hierbei ist zu beachten, daß die Zu-
ständigkeit des Reichsgerichts nicht nur dann begründet ist, wenn das Rechtsmittel
der Revision auf Verletzung eines Reichsstrafgesetzes oder der Strafprozeßordnung
gestützt wird, sondern auch dann, wenn behauptet wird, daß das Urteil der Straf-
kammer auf Verletzung einer vom Reich sanktionierten staatsrechtlichen oder
privatrechtlichen Rechtsnorm beruht, was auch bei Strafurteilen nicht möglich
ist. Vgl. auch Löwe Note 3 zu $ 123 a. a. O.
4) Gerichtsverfassungsgesetz $ 123, Ziff. 3. Dies trifft aber auch dann zu, wenn
die Revision darauf gestützt wird, daß die Strafkammer die Landesgesetze eines an-
deren Bundesstaates verletzt habe; S 123 cit. erfordert nur die behauptete Verlet-
zung einer ‚indenLandesgesetzen“ enthaltenen Rechtsnorm.
5) Einführungsgesetz zum Gerichtsverfassungsgesetz $ 9. Hiervon haben die