A928 8 88. Die Gerichtsverfassung.
schließlich auf die Verletzung einer in den Landesgesetzen enthaltenen
Rechtsnorm gestützt wird, die Strafsenate des Reichsgerichts,
wenn die Verletzung von Reichsrecht behauptet wird!). Die Straf-
senate des Oberlandesgerichts entscheiden in der Besetzung von fünf
Mitgliedern, die Strafsenate des Reichsgerichts in der Besetzung von
sieben Mitgliedern ?).
In dritter Instanz ist in denjenigen Sachen, welche in erster In-
stanz vor die Strafkammern gehören, nicht gewährt.
Ueber Beschwerden gegen Entscheidungen der Strafkammern ent-
scheiden stets die Strafsenate der Oberlandesgerichte, gleichviel, ob die
Beschwerde auf Verletzung von landesrechtlichen oder von reichsrecht-
lichen Vorschriften gegründet ist ?).
c) Die Schwurgerichte sind Gerichte erster Instanz zur Ab-
urteilung derjenigen Verbrechen, welche nicht zur Zuständigkeit
der Strafkammern oder des Reichsgerichts gehören *). Sie sind ferner
zuständig für die durch die Presse begangenen strafbaren Handlungen,
soweit diese Zuständigkeit nach den Landesgesetzen bei Einführung
des Gerichtsverfassungsgesetzes bereits gegründet war°). Es ist dies
der Fall in Bayern und Württemberg und teilweise in Baden und
Oldenburg‘). Die Schwurgerichte sind aus zwei Kollegien zu-
sammengesetzt, einem Kollegium von drei berufsmäßigen Richtern und
einem Kollegium von zwölf Geschworenen ’). Das letztere ist nur zur
Entscheidung der Schuldfrage®) berufen, das erstere zu allen Ent-
scheidungen, welche von den erkennenden Gerichten zu erlassen sind;
werden solche Entscheidungen außerhalb der Dauer der Sitzungs-
periode erforderlich, so erfolgen sie durch die Strafkammern der Land-
gerichte °).
Ueber das Rechtsmittel der Revision gegen Urteile der Schwurge-
richte entscheiden die Strafsenate des Reichsgerichts’).
1) Gerichtsverfassungsgesetz $ 123, Ziff. 3; 8 136, Ziff, 2.
2) Ebendaselbst $ 124, 140.
3) Ebendaselbst $ 123, Ziff. 5.
4) Ebendaselbst $ 80.
5) Einführungsgesetz zum Gerichtsverfassungsgesetz $ 6.
6) Vgl. Motive zum Gerichtsverfassungsgesetz S. 102ff. (Hahn S. 101); ferner
Keller S. 246; Löwe Note 5 zu $ 6 zit.
7) Ueber die „Bildung der Geschworenenbank“ vgl. Strafprozeßordnung $ 278f.
8) Ueber den Begriff der Schuldfrage vgl. Strafprozeßordnung $ 262; über die
rechtliche Bedeutung des Spruchs der Geschworenen für das Urteil des Gerichts Straf-
prozeßordnung 8 314 ff.
9) Gerichtsverfassungsgesetz $ 81, 82. Die Motive S. 105 (Hahn S. 103) sagen:
„Dieser Bestimmung liegt der Gedanke zugrunde, daß das Schwurgericht für die ganze
SitzungsperiodeeinenbesonderenGerichtskörper bildet, welcher für diese
Zeit die Tätigkeit der Strafkammer in den bei den Schwurgerichten anhängigen Sachen
absorbiert.“
10) Gerichtsverfassungsgesetz $ 136, Ziff. 2.