Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Dritter Band. (3)

436 8 88. Die Gerichtsverfassung. 
Kammer auch ein Amtsrichter zum Vorsitzenden ernannt werde!) 
Auch über die Ernennung der Handelsrichter hat das Gesetz 
keine andere Bestimmung, als daß dieselbe auf gutachtlichen Vorschlag 
des zur Vertretung des Handelsstandes berufenen Organes für die Dauer 
von drei Jahren erfolgt’); weder die Zahl noch die Reihenfolge der 
Dienstleistung, noch die Stellvertretung ist vom Reiche geregelt. Den 
Einzelstaaten ist demnach eine fast unbeschränkte Autonomie hinsicht- 
lich der Errichtung der Kammern für Handelssachen gewährt. 
e) Endlich gehören auch die Schwurgerichte nach dem 
System der Gerichtsbehörden zu den Landgerichten, ihre organische 
Verbindung mit den letzteren ist aber freilich eine sehr lose. Sie unter- 
scheiden sich von den bisher erörterten Spruchgerichten schon da- 
durch, daß sie nicht ständig existieren, sondern nur periodisch 
»bei den Landgerichten« zusammentreten. Die Anberaumung der 
Sitzungsperioden steht der Landesjustizverwaltung zu, falls nicht 
landesgesetzlich hierüber andere Vorschriften bestehen. Der Vor- 
sitzende des Schwurgerichts wird für jede Sitzungsperiode von dem 
Präsidenten des Oberlandesgerichts ernannt, welcher hierbei die 
Auswahl unter sämtlichen Mitgliedern des Oberlandesgerichts und aller 
zu dem Bezirke des Oberlandesgerichts gehörigen Landgerichte 
hat°). Der Stellvertreter des Vorsitzenden und die beiden anderen 
richterlichen Mitglieder des Gerichts *), sowie die etwa beizuziehenden 
Ergänzungsrichter?) werden dagegen vom Präsidenten des Land- 
gerichts aus der Zahl der Mitglieder des Landgerichts bestimmt). 
Die Verbindung des Schwurgerichts mit demjenigen Land- 
gericht, an dessen Orte es zusammentritt, zeigt sich auch darin, daß, 
solange die Ernennung des Vorsitzenden nicht erfolgt ist, der Vor- 
sitzende der Strafkammer des Landgerichts die in der Strafprozeßord- 
nung dem Vorsitzenden des Gerichts zugewiesenen Geschäfte erledigt’). 
Auch kann die Strafkammer des Landgerichts bestimmen, daß ein- 
zelne Sitzungen des Schwurgerichts nicht am Sitze des Land- 
gerichts, sondern an einem anderen Orte innerhalb des Schwurgerichts- 
bezirks abzuhalten seien). 
Obgleich nach diesen Anordnungen der Regel nach zu jedem 
Landgericht ein Schwurgericht gehört, so ist doch eine Abweichung 
von dieser Regel, d. h. die Zusammenlegung mehrerer Landgerichts- 
bezirke zu einem Schwurgerichtsbezirke, gestattet, damit -- wie die 
Motive S. 110 sagen — »die Landesjustizverwaltung die Abgrenzung 
der Landgerichtsbezirke mit Rücksicht auf die sonstige Tätigkeit der 
1) Gerichtsverfassungsgesetz S 110. 2) Ebendaselbst $ 112. 
3) Ebendaselbst 8 83, Abs. 1. 4) Siehe $& 81 daselbst. 
5) Gerichtsverfassungsgesetz $ 194, Abs 2. 6) Ebendaselbst $ 83, Abs. 2. 
7) 5 83 cit., Abs. 3. 
8) $98 a.a.0O. Ueber die „geschäftlichen Rücksichten‘, welche zu einem solchen 
Beschluß Anlaß geben können, vgl. die Motive S. 110 (zu $ 79 des Entwurfs).
	        
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