Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Dritter Band. (3)

& 88. Die Gerichtsverfassung. 437 
Landgerichte in der geeignetsten Weise treffen kann, ohne hierbei durch 
die besondere Rücksicht auf die Bildung der Schwurgerichte bei jedem 
Landgericht beengt zu werden«. Wenn die Landesjustizverwaltung von 
dieser Befugnis Gebrauch macht, so hat das Landgericht'), bei welchem 
die Sitzungen des Schwurgerichts abgehalten werden, und der Präsi- 
dent desselben die ihnen in den 85 82-98 des Gerichtsverfassungs- 
gesetzes zugewiesenen Geschäfte fürden ganzen Schwurgerichtsbezirk 
wahrzunehmen, und die Mitglieder des Schwurgerichts (mit Einschluß 
des Stellvertreters des Vorsitzenden) können aus der Zahl der Mit- 
glieder aller im Schwurgerichtsbezirk belegenen Landgerichte genom- 
nıen werden ?). 
Die Berufung der Geschworenen erfolgt nach den im Gerichts- 
verfassungsgesetz 88 85 ff. und in der Strafprozeßordnung 88 278 ff. gege- 
benen Vorschriften (siehe unten $ 91). 
f) Eine Frage, welche für alle bei den Landgerichten zu erledigen- 
den richterlichen Geschäfte und für alle bei ihnen zu bildenden Spruch- 
behörden gleichmäßig zu entscheiden ist, betrifft die Zulässigkeit der 
Zuziehung von Hilfsrichtern. Im allgemeinen gilt auch für die 
Landgerichte die im $ 10 des Gerichtsverfassungsgesetzes aufge- 
stellte Regel, daß »die landesgesetzlichen Bestimmungen über 
die Befähigung zur zeitweiligen Wahrnehmung richterlicher Ge- 
schäfte unberührt bleiben«. Insbesondere gilt dies auch für diejenigen 
landesgesetzlichen Bestimmungen, nach welchen richterliche Geschäfte 
nur von ständig — d. h. nach 8 6 des Gerichtsverfassungsgesetzes 
lebenslänglich — angestellten Richtern wahrgenommen werden 
können). 
Aber auch diejenigen landesgesetzlichen Vorschriften, welche die 
zeitweilige Wahrnehmung einer Richterstelle oder die zeitweilige Ver- 
tretung eines Richters durch eine zum Richteramt nicht befähigte 
Person zulassen, sind »unberührt« geblieben, da eine im Entwurf der 
Justizkommission enthaltene, dies ausdrücklich verbietende Bestim- 
mung aus dem 8 69 des Gerichtsverfassungsgesetzes gestrichen 
worden ist, sonach also eine Ausnahme von der Regel des $ 10 für die 
Landgerichte nicht gemacht worden ist‘). 
Die Ernennung von Hilfsrichtern darf aber seitens der Justiz- 
verwaltung nur auf den Antrag des Präsidiums (nicht des Präsidenten) 
erfolgen °?. Wird zum Hilfsrichter ein bereits ständig angestellter Rich- 
ter verwendet, so kommen hinsichtlich der Vertretung die landesgesetz- 
DD.h. die Strafkammer desselben. 2) A.a. 0.5 9. 
3) $ 69, Abs. 3. 4) Anderer Ansicht Keller zu $ 69, Anm. 3. 
5) 8 69, Abs. 1a. a. O. In dem Antrage ist, wie sich von selbst versteht, das 
Bedürfnis nachzuweisen, und zwar muß dasselbe so geartet sein, daß ihm einerseits 
nicht durch die ständig ernannten Mitglieder des Landgerichts gemäß S 62 und $ 66 
a. a. OÖ. abgeholfen werden kann, und daß es andererseits nicht als ein dauerndes 
anzusehen ist, welches eine Erhöhung der Anzahl der ständigen Mitglieder des Ge- 
richts notwendig macht.
	        
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