$ 91. Der Gerichtsdienst. 467
langt werden, durch Rechtssätze erheblich beschränkt'). Diese Be-
schränkungen beruhen zum Teil darauf, daß die Dienste der Schöffen
und Geschworenen in der Führung eines öffentlichen Amtes bestehen,
und daher diejenigen Personen dazu nicht berufen werden sollen,
welche zur Bekleidung eines Öffentlichen Amtes dieser Art unfähig
oder untauglich sind, oder welche sich in einem öffentlichen Dienst-
verhältnis bereits befinden, mit welchem das Schöffen- und Geschwo-
renenamt unvereinbar scheint. Zum andern Teil beruhen die Be-
schränkungen der Dienstpflicht auf billiger Berücksichtigung solcher
persönlicher Verhältnisse, welche die Erfüllung für den Verpflichteten
besonders drückend machen. Der Staat kann solche Verhältnisse bei
der Gerichispflicht in einem viel größeren Maße wie bei der Wehr-
pflicht berücksichtigen wegen des geringen Umfanges, in welchem die
gesetzlichen Gerichtsdienste zur Verwendung kommen. Hieraus er-
geben sich folgende vier Kategorien:
a A Ausgeschlossen von dem Schöffen- und Geschworenen-
dienst als unfähig zur Bekleidung des Amtes sind diejenigen Per-
sonen, welche infolge strafgerichtlicher Verurteilung die Befähigung
dazu verloren haben, oder gegen welche das Hauptverfahren wegen
eines Verbrechens oder Vergehens eröffnet ist, das die Aberkennung
der bürgerlichen Ehrenrechte oder der Fähigkeit zur Bekleidung öffent-
licher Aemter zur Folge haben kann; sowie Personen, welche infolge
gerichtlicher Anordnung in der Verfügung über ihr Vermögen be-
schränkt sind’). Außerdem sind, wie bereits bemerkt wurde, Aus-
länder unfähig, das Amt eines Schöffen oder Geschworenen zu be-
kleiden. Die Mitwirkung einer solchen, von der Ausübung des Richter-
amtes kraft des Gesetzes ausgeschlossenen Person an dem Urteil ist
eine Verletzung des Gesetzes, auf welche die Revision gestützt werden
kann?).
b) Untauglich zum Amte eines Schöffen und Geschworenen,
so daß sie zu demselben nicht berufen werden sollen, sind Personen
mit geistigen oder körperlichen Gebrechen ’); Personen, welche das
30. Lebensjahr noch nicht vollendet haben; Personen, welche den
Wohnsitz in der Gemeinde noch nicht zwei volle Jahre haben; Per-
1) Es wird hier ganz abgesehen von den tatsächlichen Verhältnissen, welche
viele Personen als ungeeignet zur Leistung von Gerichtsdiensten erscheinen lassen,
insbesondere Mangel an Kenntnissen, untergeordnete soziale Stellung u. dgl.
2) Gerichtsverfassungsgesetz 8 32, 85, Abs. 2.
3) Strafprozeßordnung $ 377, Ziff. 2. Der Amtsrichter hat daher von Amts wegen
darauf zu sehen, daß kein Unfähiger auf die Dienstlisten (Jahreslisten, Vorschlags-
listen) gesetzt werde.
4) Der Grund, weshalb man solche Personen nicht gesetzlich für unfähig zur
Ausübung des Schöffen- und Geschworenenamts erklärt hat, war der, daß man frivole
Nichtigkeitsbeschwerden wegen angeblicher körperlicher oder geistiger Gebrechen
eines Schöffen oder Geschworenen verhüten wollte. Vgl. Protokoll der Reichstags-
kommission I. Lesung, S. 219 ff. (Hahn S. 480).