472 & 91. Der Gerichtsdienst.
vorheriger Ladung und rechtlichen Gehörs des Säumigen bedarf, nach
Anhörung der Staatsanwaltschaft vom Amtsrichter hinsichtlich der
Schöffen und Vertrauensmänner, von den richterlichen Mitgliedern
des Schwurgerichts hinsichtlich der Geschworenen ausgesprochen.
Diesem Verfahren ohne Gehör entspricht es, daß die Verurteilung
einen nur provisorischen Charakter hat; sie kann ganz oder teilweise
zurückgenommen werden, wenn nachträglich genügende Entschuldi-
gung stattfindet!.. Dem Verurteilten steht das Rechtsmittel der Be-
schwerde nach den Vorschriften der Strafprozeßordnung zu?).
Die Vorspiegelung unwahrer Tatsachen als Entschuldigung,
um sich dem Dienst als Geschworener oder Schöffe zu entziehen,
bildet den Tatbestand eines Vergehens und ist mit Gefängnis bis zu zwei
Monaten bedroht’). Die Zuständigkeit des Gerichts und das Verfahren
bestimmen sich nach den Vorschriften der Strafprozeßordnung.
5. Die nach 8 11 ff. des Gewerbegerichtsgesetzes gewählten Bei-
sitzerdes Gewerbegerichts sind verpflichtet, das Amt als ein
Ehrenamt zu verwalten und können die Uebernahme nur aus den
Gründen verweigern, welche zur Ablehnung eines unbesoldeten Ge-
meindeamts berechtigen, mangels solcher Anordnungen aus den Gründen,
aus welchen das Amt eines Vormunds abgelehnt werden kann. Wer
das Amt eines Beisitzers 6 Jahre versehen hat, kann während der
nächsten 6 Jahre die Uebernahme des Amts ablehnen. Beisitzer,
welche ohne genügende Entschuldigung zu den Sitzungen nicht recht-
zeitig sich einfinden oder ihren Obliegenheiten in anderer Weise sich
entziehen, sind zu einer Ordnungsstrafe bis zu 300 Mark, sowie in die
verursachten Kosten zu verurteilen‘). Diese Vorschriften finden auch
auf die Beisitzer der Kaufmannsgerichte sinngemäße An-
wendung?).
Ueber die Dienstpflicht der zu Beisitzern der Versicherungs-
ämter, ÖOberversicherungsämter und des Reichsversicherungsamts
gewählten Vertreter der Arbeitgeber und der Versicherten vgl. Reichs-
versicherungsordnung $ 50 ff., 76, 95. Ueber die Beisitzer der Schieds-
gerichte und des Oberschiedsgerichts für die Angestelltenversicherung
das Reichsgesetz vom 20. Dezember 1911 8 137 ff., 161, 164.
In den Konsulargerichtsbezirken und in den Schutz-
gebieten sind die Gerichtseingesessenen, auch wenn sie nicht reichs-
angehörig sind, gerichtsdienstpflichtig. Die Beisitzer der Konsular-
gerichte und der Bezirksgerichte werden vom Konsul, beziehentlich
vom Bezirksrichter, aus den achtbaren Gerichtseingesessenen oder in
1) Die Zurücknahme erfolgt von denselben Richtern; ist die Sitzungsperiode des
Schwurgerichts geschlossen, durch die Strafkammer des Landgerichts. Gerichtsver-
fassungsgesetz & 82.
2) Gerichtsverfassungsgesetz $ 56, 96, Abs. 2. 3) Strafgesetzbuch $& 138.
4) Gewerbegerichtsgesetz $ 20—23.
5) Kaufmannsgerichtsgesetz $ 15, Abs. 2.