Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Dritter Band. (3)

$S 94. Die Kosten und Gebühren. 519 
$ 94. Die Kosten und Gebühren *). 
Zwischen der staatsrechtlichen Gestaltung des Heerwesens und der- 
jenigen des Gerichtswesens im Deutschen Reiche besteht eine der 
wesentlichsten Verschiedenheiten darin, daß die Kosten des gesamten 
Heerwesens gemeinschaftliche sind, dagegen die Kosten des Gerichts- 
wesens von demjenigen getragen werden, dem die Gerichtsbarkeit zu- 
steht, also in der Hauptsache von den Einzelstaaten und nur hinsieht- 
lich der durch Reichsbehörden ausgeübten Gerichtsbarkeit von dem 
Reiche. Da die Gerichtsbarkeit aber zugleich eine Quelle sehr erheb- 
licher Einnahmen ist, so gilt der gleiche Grundsatz selbstverständlich 
auch von den Gerichtsgefällen; sie bilden ein Korrelat der mit Aus- 
übung der Gerichtsbarkeit verknüpften Finanzlasten. Man kann beides 
in dem Grundsatz zusammenfassen: Das Reich und die Einzelstaaten 
üben die ihnen zustehende Gerichtsbarkeit für eigeneRechnung 
aus. Hierin liegt der Grund für die erheblich größere Freiheit der 
Selbstverwaltung der Einzelstaaten auf dem Gebiete der Rechtspflege 
wie auf demjenigen des Heerwesens. Allein von einer souveränen 
Selbstbestimmung der Einzelstaaten ist auch in dieser Hinsicht keine 
Rede; sie sind vielmehr in den wichtigsten Beziehungen durch die vom 
Reiche aufgestellten Normen gebunden und auf die Anwendung. der- 
selben in den einzelnen Fällen beschränkt. Es gilt dies namentlich 
von denjenigen Einnahmen, welche einen unmittelbaren Zusammen- 
hang mit der Gewährung des Rechtsschutzes in den einzelnen Rechts- 
sachen haben und die deshalb mit der Einheitlichkeit der Gerichts- 
organisation und des gerichtlichen Verfahrens gleichmäßig geregelt 
werden mußten, von den Prozeßkosten. Um das Verhältnis der 
Autonomie der Einzelstaaten zu der Gesetzgebung des Reiches zu be- 
stimmen, ist daher inı wesentlichen folgende Unterscheidung zu 
machen: 
Die Autonomie der Einzelstaaten besteht hinsichtlich aller Kosten, 
welche als Staatsverwaltungskosten von den Staatskassen zu 
tragen sind, da in dieser Hinsicht für das Reich keine Veranlassung zur 
herrn verfügte Niederschlagung einer bei dem Reichsgericht anhängigen Strafsache 
wirkungslos. 
*, Gerichtskostengesetz vom 18. Juni 1878 (Reichsgesetzbl. S. 141). Es 
wurde abgeändert durch das Reichsgesetz vom 17. Mai 1898 und in neuer Fassung 
bekannt gemacht am 20. Mai 1898 (Reichsgesetzbl. S. 659). Durch das Reichsgesetz 
vom 1. Juni 1909 wurde es von neuem abgeändert. Pfafferoth, Das deutsche 
Gerichtskostenwesen 8. Aufl, 1903; Sydow, Gerichtskostengesetz 8. Aufl. 1907; 
Wochinger, Die Prozeßgebührengesetze. München 1899; Reisenegger, Ge- 
Tichtskostengesetz 3. Aufl. München 1905; Rittmann, Das deutsche Gerichtskosten- 
gesetz 3. Aufl. Mannheim 1905; Freydeck, Das deutsche Gerichtskostengesetz und 
die Rechtsprechung der obersten Gerichte. Berlin 1889. Vgl. Hellwig, System 
£& 223ff. Daselbst weitere Literaturangaben.
	        
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