8 73. Das Post- und Telegraphenwesen. 53
eines wirtschaftlichen (pekuniären) Erfolges für den Unter-
nehmer ').
Mit dem Begriff und Wesen des Staates steht der Betrieb eines
Gewerbes nicht im Widerspruch; auch für den Staat kann es sich als
notwendig oder nützlich erweisen, eine seinen Zwecken dienende An-
stalt so einzurichten, daß sie gewerbsmäßig betrieben wird. Dies
ist gegenwärtig in allen zivilisierten Staaten hinsichtlich der Post der
Fall. Mögen die politischen und volkswirtschaftlichen Interessen,
welche mit der Postverwaltung verknüpft sind, noch so groß sein und
diese Interessen die finanziellen noch so sehr überwiegen; die Form,
in welcher der Staat diese Interessen realisiert, ist die privatwirt-
schaftliche des Gewerbebetriebes, und die Post steht in dieser Hin-
sicht nicht bloß auf völlig gleicher Stufe mit den Staatseisenbahnen,
sondern auch mit den staatlichen Fabriken, die auf Verkauf arbeiten
(Porzellanfabriken, Tabaksmanufakturen, Bierbrauereien), mit den staat-
lichen Bankiergeschäften (Seehandlung), Bergwerken, land- und forst-
wirtschaftlichen Betrieben u. dgl.?2. Da nun der gewerbliche Betrieb
von Transportanstalten ein Handelsgewerbe ist, so war es folgerichtig,
daß das allgemeine Deutsche Handelsgesetzbuch Art. 421, Abs. 2 auch
die Transportgeschäfte der Postanstalten den Regeln vom Frachtge-
schäft unterwarf. Dies war zu der Zeit als das allgemeine Deutsche
Handelsgesetzkuch abgefaßt wurde, um so dankenswerter und notwen-
diger, als es damals in Deutschland eine große Zahl von Postverwal-
tungen gab, für welche sehr mannigfaltige Rechtsvorschriften galten,
und es auch an einem einheitlichen bürgerlichen Recht fehlte Es
war daher ein großer Fortschritt auf dem Wege zur Rechtseinheit, daß
die Regeln des Handelsgesetzbuchs auf die Frachtgeschäfte aller deut-
schen Postanstalten subsidiäre Geltung erhielten, insoweit nicht durch
besondere Gesetze oder Verordnungen für dieselben ein anderes be-
stimmt war’). In dem neuen Handelsgesetzbuch ist diese Bestimmung
1) Vollkommen verkannt ist der Begriff des Gewerbes und das Verhältnis der
öffentlichen Verkehrsanstalten zu diesem Begriff von Arndt S. 285. Seine Behaup-
tung, daß zwischen beiden ein unvereinbarer Gegensatz bestehe, wird durch den Hin-
weis auf die Eisenbahnen widerlegt. Daß die Gewerbeordnung auf den Betrieb der
Postanstalt nicht anwendbar ist, schließt die Gewerbemäßigkeit dieses Betriebes nicht
aus; für den Begriff des Gewerbes ist es unerheblich, ob die Gewerbeordn. oder
ein anderes Gesetz auf den Betrieb Anwendung findet; es gibt zwei Arten von Ge-
werben, solche auf welche die Gewerbeordn. Anwendung findet und solche, auf welche
sie nicht Anwendung findet.
2) Zorn S. 258 sagt: „Daß ein Zweig der Staatsverwaltung grundsätzlich und
ausschließlich im Abschluß von privatrechtlichen Verträgen bestehe, ist ein Wider-
spruch zum Staatsbegriff.“ Danach würden alle im Text aufgeführten Betriebe, das
Tabakmonopol, das Salzmonopol usw. dem „Staatsbegriff“ widersprechen. Es ist aber
unerweislich, warum sich der Staat zur Erreichung seiner Zwecke nicht der Geschäfte
und Rechtsformen des Privatrechts sollte bedienen dürfen.
3) Mit vollem Recht hat daher das Reichsoberhandelsgerichtin wie-
derholten Entscheidungen und durch Plenarbeschluß vom 2. Januar 1874 erklärt, daß