Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Dritter Band. (3)

8 73. Das Post- und Telegraphenwesen. 5) 
2. Daraus ergibt sich als notwendige Konsequenz, daß die Vertrags- 
bedingungen, unter welchen die Post- und Telegraphenanstalt kontra- 
hiert, ein für allemal feststehen und in allen Fällen gleichmäßig zur 
Anwendung kommen müssen, während derjenige, welcher ein freies 
Transportgewerbe betreibt, in jedem einzelnen Falle die Bedingungen 
besonders festsetzen oder vereinbaren kann. Demgemäß ist die Taxe 
für jede Art von Beförderung, die Art der Erfüllung der übernomme- 
nen Transportverpflichtung, und die Ersatzpflicht für Nichterfüllung 
oder nicht ordnungsmäßige Erfüllung allgemein zu regeln. Für 
alle Verträge, welche die Post- und Telegraphenverwaltungin Ausübung 
ihres öffentlichen Geschäftsbetriebes abschließt'!), müssen Normalbe- 
dingungen festgestellt sein, von denen sie bei den einzelnen Geschäften 
weder zugunsten noch zuungunsten des anderen Kontrahenten ab- 
weichen darf. 
3. Um diese Bedingungen möglichst günstig gestalten zu können, 
um die Ansprüche des Publikums auf billige, sichere und schnelle 
Ausführung des Transportes mit den finanziellen Interessen des Staa- 
tes auszugleichen, sind der Post- und Telegraphenanstalt gewisse Vor- 
rechte beigelegt. Dahin gehört vor allem das Monopol der Post 
auf gewisse Transportgeschäfte oder der sogenannte Postzwang. 
In der Anerkennung desselben äußert sich allerdings ein Hoheitsrecht 
des Staates, aber nicht positiv, d. h. in dem Betrieb der Postgeschäfte, 
sondern negativ, d. h. in der Untersagung der der Post vorbe- 
haltenen Geschäfte füralle anderen, in der Beschränkung der all- 
gemeinen Gewerbefreiheit. Der Postzwang reicht auch keineswegs so 
weit wie der Geschäftsbetrieb der Post. Für den Transport von Per- 
sonen, Paketen, Geldsendungen, Drucksachen und offenen Briefen be- 
steht kein Postzwang, sondern es ist die freie Konkurrenz mit der 
Postanstalt jedem gestattet; aber auch für diese Zweige ihres Geschäfts- 
betriebs hat die Post den Charakter der öffentlichen Verkehrs- 
anstal. Nur für verschlossene Briefe, Zeitungen, Telegramme, Tele- 
phone ist die Post zugleich öffentliche und monopolisierte Verkehrs- 
anstalt. 
Außer dem Monopol und dem Schutz desselben durch Strafbe- 
stimmungen sind der Postanstalt gewisse Vorrechte hinsichtlich der 
früheren Zeiten zwischen den Zwangs- und Bannrechten und dem Kontrahierungs- 
zwang der Berechtigten; es besteht heute zwischen dem Patentmonopol und der 
Pflicht zur industriellen Verwertung der Erfindung, sowie in anderen ähnlichen Fällen. 
Die Behauptung von Zorn IL, S. 274 und Arndt S. 286, daß der Kontrahierungs- 
zwang die Annahme eines Vertrages ausschließe, bedarf keiner Widerlegung, er be- 
gründet ja gerade die Pflicht, Verträge abzuschließen. 
1) Soweit die Postverwaltung nicht als öffentliche Verkehrsanstalt in Betracht 
kommt, sondern Hilfsgeschäfte zum Betriebe des Transportunternehmens abschließt, 
z. B. Gebäude, Wagen, Pferde, Schreibmaterial u. dgl. anschafft oder veräußert, ge- 
nießt sie volle Handlungsfreiheit und steht lediglich unter den allgemeinen Grund- 
sätzen des bürgerlichen Rechts.
	        
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