Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Dritter Band. (3)

& 73. Das Post- und Telegraphenwesen. 65 
Strafe bedroht'); nämlich die Eröffnung?) eines der Post anvertrauten 
Briefes oder Pakets sowie die Eröffnung einer telegraphischen De- 
pesche oder die rechtswidrige Mitteilung ihres Inhaltes an Dritte °). 
Die Strafe ist Gefängnis nicht unter drei Monaten?). Der Verübung der 
Tat steht es gleich, wenn ein Post- oder Telegraphenbeamter einem an- 
deren wissentlich einesolche Handlung gestattet oderihm dabei wissent- 
lich Hilfe leistet. Ausgenommen sind selbstverständlich die im Gesetze 
vorgesehenen Fälle im Interesse der Rechtspflege. 
5. Der Verletzung des Briefgeheimnisses steht in allen Beziehungen 
völlig gleich die absichtlich rechtswidrige Vernichtung, Unter- 
drückung oder Vorenthaltung einer der Post anvertrauten 
Sendung oder Depesche’). Bei den letzteren kommt noch wegen der 
tatsächlichen Art und Weise der Beförderung der Fall der Verfälschung 
der Depesche hinzu. Auch dies beruht auf dem Charakter der Post 
als öffentlicher Verkehrsanstalt, demzufolge die getreue Ausfüh- 
rung des übernommenen Transportes nicht bloß eine privatrechtliche, 
aus dem Kontrakte hervorgehende Obligation, sondern eine öffent- 
lich rechtliche, staatlich gewährleistete Verpflichtung ist. In den- 
selben Fällen, welche gesetzliche Ausnahmen von der Unverletzlich- 
keit des Briefgeheimnisses bilden, ist auch die Vorenthaltung von Post- 
sendungen und Telegrammen gestattet‘); ihnen tritt noch hinzu bei 
Postsendungen der im $ 32 des Postgesetzes erwähnte Fall der Post- 
oder Portodefraudation?). Auch die Rechtsfolgen der Verletzung dieser 
Pflicht sind völlig entsprechend denen der Verletzung des Briefgeheim- 
nisses; insbesondere hat das Strafgesetzb. 85 354, 355 die Erfüllung 
dieser Amtspflicht durch dieselbe Strafandrohung gesichert, welche 
gegen die Eröffnung eines Briefes oder Pakets gerichtet ist. 
1) Vgl. Bd. 1, S. 470 ff. 
2) Wesentliche Voraussetzung ist sonach ein Verschluß. Die Kenntnisnahme 
oder Mitteilung des Inhaltes ist zur Vollendung des Vergehens nicht erforderlich. 
Oppenhoff, Strafgesetzb. Note 6 zu $ 354. 
3) Reichsstrafgesetzb. 8$ 354, 355. 
4) Auch kann auf Verlust der Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Aemter auf 
die Dauer von einem bis zu fünf Jahren erkannt werden. Reichsstrafgesetzb. $ 358. 
5) Nicht bloß der verschlossenen Briefe oder Pakete. Entsch. des Reichs- 
gerichts vom 6. Dezember 1879. Oppenhoffa.a.0.Note4. Keine „rechtswidrige 
Vorenthaltung“ ist die Ausübung des Retentionsrechts an Postsendungen und tele- 
graphischen Depeschen wegen Verweigerung der Gebührenzahlung. 
6) Nicht zu diesen Ausnahmen gehört die Vernichtung oder der Verkauf unbe- 
stellbarer Postsendungen, deren Absender nicht ermittelt werden kann. Postordn. 
S 46, Ziff. V. 
7) Die bei Entdeckung einer solchen vorgefundenen Briefe oder anderen Sachen, 
welche Gegenstand der Uebertretung sind, können von den Postbehörden in Beschlag 
genommen und so lange ganz oder teilweise zurückgehalten werden, bis ent- 
weder die defraudierten Postgefälle, die Geldstrafe und die Kosten gezahlt oder durch 
Kaution sichergestellt sind.
	        
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