68 $ 73. Das Post- und Telegraphenwesen.
und politische Zeitungen gegen Bezahlung durch expresse Boten
oder Fuhren befördert werden, wofern ein solcher Expresser nur von
einem Absender abgeschickt wird und dem Postzwange unterliegende
Gegenstände weder von anderen mitnimmt noch für andere zurück-
bringt !!).
Diese Beschränkungen gelten jedoch nicht für die Beförderung
von verschlossenen Briefen im Ursprungsorte, wenn sie durch Boten,
wenngleich gegen Bezahlung, erfolgt, welche weder die Einsammlung
von Briefen, Karten, Drucksachen, Zeitungen und Zeitschriften oder
Warenproben gewerbsmäßig betreiben, noch im Dienste einer
Privatbeförderungsanstalt stehen ?).
Unverschlossene Briefe und Pakete unterliegen dem Postzwange
nicht. Wenn jedoch unverschlossene Briefe in versiegelten, zugenähten
oder sonst verschlossenen Paketen befördert werden, so sind sie den
verschlossenen Briefen gleich zu achten, unterliegen also dem Postzwange.
Ausgenommen hiervon sind solche unverschlossene Briefe, Fakturen,
Preiskurante und ähnliche Schriftstücke, welche den Inhalt des Pakets
betreffen?).. Nach dem Wortlaute des Postgesetzes ist es keine Ver-
letzung des Postzwanges, wenn ein Paket, welches Briefe und Zei-
tungen enthält, der Post zur Beförderung übergeben wird; eine siraf-
bare Portodefraudation wird nicht verübt, wenngleich das für das
Paket zu entrichtende Porto geringer ist als das Briefporto, welches
für die einzelnen in dem Pakete enthaltenen Briefe erhoben worden
wäre®). Denn die Beförderung von einem Orte zum anderen geschieht
auch in diesem Falle nicht »auf andere Weise, als durch die Post«.
Das Gesetz vom 20. Dezember 1899 Art. 5 verbietet jedoch Anstalten
1) Postgesetz 8 2. Ueber die kasuistischen Fragen, zu denen dieser Paragraph
den Anlaß bietet, vgl. Dambach-v. Grimm S. 36ff.; Aschenborn S. 53fg.
Hervorzuheben ist insbesondere, daß der Expresse Gegenstände, welche dem Post-
zwang unterliegen, für andere auch unentgeltlich nicht mitnehmen oder zurückbringen
darf; dagegen kann er andere Gegenstände, z. B. unverschlossene Briefe oder Pakete,
ohne Beschränkung sowohl entgeltlich als unentgeltlich befördern. Immerhin muß
er aber den Charakter eines expressen Boten bewahren, d.h. der eigentliche und
wesentliche Zweck muß die Abtragung oder Abholung der Briefe seines Absenders
sein. Daher würde z. B. der Milchpächter, welcher mit seiner Ware in die Stadt
fährt und für den Gutsherrn Briefe und Zeitungen gegen Entgelt mitnimmt oder zu-
rückbringt, nicht als expresser Bote zu erachten sein. Vgl. auch Entsch. des
Reichsgerichtsin Strafsachen Bd. 2, S. 272.
2) Gesetz vom 20. Dezember 1899 Art. 2, Ziff. I. Daher ist es z. B. gestattet,
durch einen sogenannten Dienstmann verschlossene Briefe im Orte bestellen zu lassen,
wenn er jeden einzelnen Gang auf Grund eines besonderen Auftrages ausführt.
3) Postgesetz 8 1, Abs. 3.
4) Vgl. auch Postgesetz 8 27. Urt. des Reichsgerichts vom 14. Februar
1887 (Entsch. in Strafsachen Bd. 15, S. 328 ff). Dagegen hat das Urt. des Reichs-
gerichts vom 2. Juli 1888 (Bd. 18, S. 46ff.) die entgeltliche Beförderung
fremder Briefe unter Benutzung der Post für strafbar erklärt, wenn dadurch eine
Verringerung der Portogebühren herbeigeführt wird. Dies ist auch die Ansicht der
Postverwaltung. Vgl. auch Mittelstein S.24; AschenbornS. 38; WolckeS. 54.