sl $ 73. Das Post- und Telegraphenwesen.
schriften ist durch Androhung einer Strafe von 1—30 Mk. gesichert ').
b) Wenn die gewöhnlichen Postwege gar nicht oder schwer zu
passieren sind, können die ordentlichen Posten, die Extraposten, Ku-
riere und Estafetten sich der Neben- und Feldwege sowie der unge-
hegten Wiesen und Aecker bedienen, unbeschadet jedoch des Rechtes
der Eigentümer auf Schadenersatz ?. Hieraus ergibt sich zugleich,
daß, wenn Posten von diesem Rechte Gebrauch machen, sie von
dem Besitzer des Grundstückes oder seinen Leuten nicht gepfändet
werden dürfen, da die Pfändung nur wegen unbefugten und wider-
rechtlichen Betretens gestattet ist. Das Postgesetz hat diese Folgerung
ausdrücklich gezogen und überdies die Pfändung gegen ordentliche
Posten, Extraposten, Kuriere, Estafetten und Postillione, welche mit
dem ledigen Gespann zurückkehren, mit einer Geldstrafe von 1 bis
60 Mark bedroht’).
c) Wenn den ordentlichen Posten, Extraposten, Kurieren oder
Estafetten unterwegs ein Unfall begegnet, so sind die Anwohner der
Straße verbunden, denselben die zu ihrem Weiterkommen erforder-
liche Hilfe gegen vollständige Entschädigung schleunigst zu gewähren ‘).
Einen Rechtsschutz erhält diese Anordnung durch das Reichsstrafge-
setzbuch 8 360, Ziff. 10, wonach mit Geldstrafe bis zu 150 Mark oder
mit Haft derjenige bedroht wird, welcher bei Unglücksfällen von der
Polizeibehörde oder deren Stellvertreter zur Hilfe aufgefordert,
keine Folge leistet, obgleich er der Aufforderung ohne erhebliche eigene
Gefahr genügen konnte. Die Postbeamten oder Postillione müssen
daher, wenn die Anwohner der Straße die von ihnen verlangte Hilfe-
leistung verweigern, sich an die Ortspolizeibehörde wenden und durch
diese die Anwohner zur Hilfeleistung auffordern lassen °).
d) Das Inventarium der Posthaltereien darf im Wege des Arrestes
oder der Exekution nicht mit Beschlag belegt werden). Die vor-
schriftsmäßig zu haltenden Postpferde und Postillione dürfen zu den
behufs der Staats-- und Kommunalbedürfnisse zu leistenden Spann-
diensten nicht herangezogen werden ‘). Die von den Posthaltern kon-
1) Vgl. darüber Mevesa. a.0.S.361 ff. Stenglein, Nebengesetze (3. Aufl.)
S. 289 fg.
2) Postgesetz 8 17.
3) Postgesetz $ 18. MevesS.360. Stengleina.a. OÖ. Das Bürgerliche
Gesetzbuch hatdie landesgesetzlichen Vorschriften über die Privatpfändung
zum Schutze der Grundstücke unberührt gelassen. Einf.-Ges. Art. 89.
4) Postgesetz 8 21.
5) Dambach S. 159. Die bayrischen und württemb. Dienstanweisungen schrei-
ben dies ausdrücklich vor. AschenbornS. 210. Vgl.jedoch Stenglein S.290,
welcher einen Unterschied zwischen „Unfall“ und „Unglücksfall“ annimmt.
6) Postgesetz $ 20. Ausgenommen jedoch im Konkurse. Konkursordnung $ 1,
Abs. 2.
7) Postgesetz 8 22. Dagegen findet die eben erwähnte Vorschrift in 8 860, Z. 10
des Strafgesetzb. auch auf die Posthalter Anwendung, wenn sie in Notfällen die
Hilfeleistung verweigern. Dambach S. 161.