Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Dritter Band. (3)

82 8 73. Das Post- und Telegraphenwesen. 
entrichtet hat, und Geldbeträge, welche auf Grund eines Postauftrages 
eingezogen worden sind, falls diese Beträge weder dem Absender noch 
dem Adressaten ausgezahlt werden können, endlich zurückgelassene 
Passagiereffekten oder die aus dem Verkaufe derselben erzielten Be- 
träge sind nach Abzug des Portos und der sonstigen Kosten der Post- 
armen- oder Unterstützungskasse zu überweisen. Meldet 
sich später der Absender oder der Adressat, beziehentlich der Verlierer 
der Passagiereffekten, so ist die Postarmen- oder Unterstützungskasse 
verpflichtet, demselben die ihr zugeflossenen Summen, jedoch ohne 
Zinsen, zurückzuerstatten !). 
Wesentliche Voraussetzung dieses Rechtes ist, daß die Post den 
Besitz der unbestellbaren Geldbeträge oder Sachen auf Grund eines 
Beförderungsvertrages erhalten hat, daß sie ihr also zum Zweck 
der Beförderung übergeben worden sind ?. Gegenstände, 
welche in den Diensträumen der Postanstalt oder in Briefsammelkasten 
oder sonst bei Gelegenheit des Betriebes der Postgeschäfte von den 
Postbeamten gefunden werden, sind nach den Vorschriften über ge- 
fundene Sachen zu behandeln °). 
V.Das Rechtsverhältnis aus den von der Post- und 
Telegraphenverwaltung abgeschlossenen Beförde- 
rungsverträgen‘). 
Das Rechtsverhältnis der Post- und Telegraphenverwaltung 'hin- 
sichtlich der Ausführung eines Transportes irgendwelcher Art ist in 
1) Postgesetz 8 26. 
2) Auf Passagiereffekten paßt dies allerdings nur dann, wenn das Passagiergut 
der Post eingeliefert worden ist, nicht wenn der Reisende die Effekten unter eige- 
ner Aufsicht behalten und sie im Wartezimmer oder im Postwagen zurückgelassen 
hat. Das Postgesetz 8 26, Abs. 2 unterscheidet aber nicht, sondern spricht allgemein 
von „zurückgelassenen Passagiereffekten“. 
3) Maßgebend sind jetzt die Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs 8 978 ff. 
Ueber die daselbst vorgeschriebenen Bekanntmachungen hat der Bundesrat am 16. 
Juni 1898 (Reichsgesetzbl. S. 912) Ausführungsvorschriften erlassen. 
*, Literatur. Kompe, Vom Posttransportvertrage. In der Zeitschr. f. deut- 
sches Recht Bd.18,S. 301—388 (Tübingen 1858). Gad, Die Haftpflicht der deutschen 
Postanstalten. Berlin 1863. Wolff in der Zeitschr. f. Gesetzgebung und Rechts- 
pflege in Preußen Bd. 4 (1870), S. 130 ff. Meili, Haftpflicht der Postanstalten. Leip- 
zig 1877. Mandry im Archiv f. die zivil. Praxis Bd. 60, S. 197 ff. (1877). Derselbe, 
Der zivilrechtl. Inhalt der Reichsgesetze 847. v. d. Osten, Der einfache Sachtrans- 
port nach deutschem Reichspostrecht. Straßburg 1884. Schottin Endemanns Handb. 
des deutschen Handels-, See- und Wechselrechts Bd. 3, S. 531 ff. (1885). Cosack, 
Handelsrecht 7. Aufl, 8149. Endemann, Das deutsche Handelsrecht $ 179 ff. 
(4. Aufl. 1887). Sanslaville, Dela responsabilite civile de l’Etat en matiere de postes 
et de telegraphes. Paris 1887. Schmidt in Gruchots Beiträgen Bd. 33, S. 184 ff. 
(1889). Mittelstein, Beiträge zum Postrecht (Berlin 1891), S.36 ff. Wirsing, 
Die zivilrechtl. Haftung der Post. Würzburg 1892. Meyer-Dochow, Verw.-R. 
8113. Jaffe, Der Briefbeförderungsvertrag. Berlin 1897 (Dissertation. Lehmann, 
Handelsr. S. 981.
	        
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