& 101. Das stehende Heer. 99
3. Die kommandierenden Generale sind die Militärbefehls-
haber in den Armeekorpsbezirken') Ihrem Befehle sind daher
auch die, zum Verbande eines anderen Armeekorps gehörenden Trup-
penteile unterstellt, wenn dieselben in dem Armeekorpsbezirk ihren
Garnisonsort erhalten, und sie sind befugt, gegen die Zivilbehörden
aller zu ihrem Armeekorpsbezirk gehörenden Staaten alle diejenigen
amtlichen Rechte zur Geltung zu bringen, welche im Militärbefehl
enthalten sind ?).
IV. Die Kriegsformation des Heeres.
Dieselbe wird vom Kaiser bestimmt °). Gesetzliche Vorschriften
darüber sind nicht erlassen; die vom Kaiser ergangenen Anordnungen
sind in dem »Mobilmachungsplan« enthalten *). Die wesentlichsten
Unterschiede der Kriegsformation des stehenden Heeres von der Frie-
densformation bestehen in der größeren Kopfstärke (Kriegsstärke) der
Kadres, in der Formierung von Ersatz-ITruppenkörpern bei den Re-
gimentern usw. behufs Ausbildung von Rekruten und behufs Nach-
sendung ausgebildeter Rekruten zum Ersatz für die Abgänge bei den
im Felde stehenden Truppen, sodann in der Bildung gewisser, im
Frieden entbehrlicher Formationen, insbesondere Feldeisenbahn- und
Feldtelegraphie-Abteilungen, Feldpost, Munitionsdepots, Etappenkonı-
mandos, Lazarette, Feld-Proviantämter usw., und endlich in der Ein-
setzung von stellvertretenden Kommando- und Militärverwaltungs-
Behörden. Im allgemeinen bleiben die taktischen Verbände der Frie-
densorganisation auch im mobilen Zustande erhalten, insbesondere
die Einteilung in Brigaden, Divisionen und Armeekorps. Das Heer
zerfällt in den mobilen und den nicht mobilen Teil; im mobilen Zu-
stande befinden sich die Feldtruppen nebst den zu ihnen gehörenden
Kommando- und Verwaltungsbehörden; dagegen sind die Ersatztrup-
pen und die Besatzungstruppen, sowie die stellvertretenden Kom-
mando- und Verwaltungsbehörden nicht mobil. Der mobile Zustand
beginnt mit dem Tage des Erlasses des Mobilmachungsbefehls und
hört mit dem Tage des Eintritts der Demobilmachung auf. Die in-
folge der Kriegsformation eintretenden Stellenverleihungen’)
und die mit ihnen verbundenen Rechte gelten nur für die Dauer des
Kriegszustandes °).
——
1) Militärgesetz $ 5b, Abs. 2.
2) Das Militärgesetz fügt rücksichtsvoll die Worte hinzu, „unbeschadet der Sou-
veränitätsrechte der einzelnen Bundesstaaten“.
-3) Militärgesetz 8 6.
4) Für das bayerische Kontingent ist der Mobilmachungsplan zwar vom Könige
zu erlassen, allein in „voller Uebereinstimmung mit den für das Bundesheer bestehen-
den Normen“. Vertrag vom 23. November 1870, III, $ 5, Ziff. 3, Abs. 2.
5) Zu unterscheiden von „Beförderungen zu einer höheren Charge“.
6) Reglement über die Geldverpflegung der Armee im Kriege vom 29. August
1868 s 15 (bei v. Helldorff, Dienstvorschriften III, Abt. 2; S. 4).