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der Infanterieschulen unterstellt und ressortiert in ökonomischer Be-
ziehung von der Intendantur des 4. Armeekorps. Die Grundsätze,
nach welchen bei der Aufnahme von Soldatensöhnen in das Institut
zu verfahren ist, sind durch Ministerialreskript vom 28. April 1870
formuliert?).
b) Das große Militärwaisenhaus zu Potsdam und
Schloß Pretzsch ist zur Aufnahme und Erziehung von ehelich
geborenen und bedürftigen Soldatenwaisen bestimmt; die Knaben
evangelischer Konfession finden in Potsdam, die Mädchen evangeli-
scher Konfession in Pretzsch, die katholischen Knaben und Mädchen in
Haus Nazareth zu Höxter Aufnahme?). Der Inspekteur der Infanterie-
schulen ist beauftragt, die Militärschule des Waisenhauses zu inspizie-
ren und darüber an das Direktorium desselben zu berichten °). Im
übrigen ressortiert die Verwaltung dieser Stiftung direkt vom preußi-
schen Kriegsministerium. |
c) Im Bereich des sächsischen Kontingents besteht die Soldaten-
Knabenerziehungsanstalt zu Kleinstruppen.
$ 105. Die Kriegsmarine.
I. Für de Organisation der Marine als Anstalt des Reiches
gab es bis zum Ende des 19. Jahrhunderts keine gesetzlichen Normen
als die beiden Sätze des Art. 53 der Reichsverfassung, daß der Ober-
befehl über die Kriegsmarine, die Organisation und Zusammensetzung
derselben und die Ernennung der Offiziere und Beamten dem Kaiser
zusteht, und daß der zur Gründung und Erhaltung der Kriegsfloite
und der damit zusammenhängenden Anstalten erforderliche Aufwand
aus der Reichskasse bestritten wird. Durch diese Sätze wird
die Marine zur unmittelbaren Reichsanstalt erklärt und
die Zuständigkeit des Reichs im Gegensatz zu den Einzelstaaten scharf
und klar festgesetzt, die Einrichtung der Marine selbst aber nach allen
Richtungen hin völlig unbestimmt gelassen. Die dem Kaiser nach der
Reichsverfassung zustehenden Machtbefugnisse konnten aber die man-
gelnde gesetzliche Grundlage nicht ersetzen, weil ihnen die Rechte des
Bundesrates und des Reichstages zur Feststellung des Reichshaushalts-
etats gegenüberstehen. Da die organisatorischen Vorschriften für die
Marine stets ihre Ergänzung und gleichsam ihr Gegenstück in Geld-
aufwendungen haben, so war der von der Reichsverfassung geschaf-
1) Abgedruckt bei v. Helldorff I, 3, S. 93. Die früher mit dem Institut verbun-
dene Unteroffiziervorschule ist seit 1899 davon getrennt. Armeeverordnungsbl. 1899,
S. 27.
2) Ueber die zu gewährenden Wohltaten vgl. die Bekanntmachung vom 29. Mai
1897 (Armeeverordnungsbl. S. 152).
3) Erlaß vom 11. Juli 1872. Eine „Militärwaisenhausordnung*“ ist
durch Kabinettsordre vom 23. Dezember 1893 genehmigt worden. Armeeverordnungsbl.
1894, S. 99.