130 8 105. Die Kriegsmarine.
II. Die Kommandobehörden!') Durch den Erlaß vom
1. Januar 1872 (Reichsgesetzbl. S. 5) wurden dem Marineministerium
unter der Bezeichnung »Kaiserliche Admiralität« auch die Kommando-
sachen übertragen. Der Chef dieser Behörde sollte die Verwaltung
unter der Verantwortlichkeit des Reichskanzlers, die Befehlsgewalt nach
den Anordnungen des Kaisers führen. Durch den kaiserlichen Erlaß
vom 30. März 1889 (Reichsgesetzbl. S. 47) wurde aber der Oberbefehl
über die Marine von der Verwaltung derselben getrennt und dem
»kommandierenden Admiral« übertragen, der ihn nach den Anord-
nungen des Kaisers zu führen hatte.
Durch die Kabinettsordre vom 14. März 1899 (Marineverordnungs-
blatt S. 61) wurde angeordnet, daß das Oberkommando der Marine in
Fortfall kommt; der Kaiser erklärte, daß er selbst den Oberbefehl
führen werde. Es wurde der »Admiralsstab der Marine« mit
einem Chef an der Spitze in Berlin errichtet und dem Kaiser unmiittel-
bar unterstellt. Ebenso sind die Chefs der Marinestationen, die Chefs
der aktiven Schlachtflotte (Hochseeflotte) und des Kreuzungsgeschwa-
ders dem Kaiser unmittelbar unterstellt?2). Die Ernennung eines Gene-
ralinspekteurs der Marine, sowie eines Flottenchefs wurde vorbehalten),
sie ist inzwischen erfolgt. Zur Bearbeitung der Personalien der Offi-
ziere, sowie der Gerichts- und Gnadensachen besteht ein dem Militär-
kabinett entsprechendes Marinekabinett ®).
Maßgebend für die Gliederung der Marine sowohl hinsichtlich der
Kommandobehörden wie der Verwaltungsbehörden ist die Einteilung
derselben in zwei Stationen: die der Ostsee und die der Nordsee, denen
eine Territorialeinteilung der deutschen Küsten entspricht. Für jede
derselben besteht ein Marinestationskommando zu Kiel und
zu Wilhelmshaven, an deren Spitze ein Marinestationschef mit den
Befugnissen eines Divisionskommandeurs der Armee steht. Ihre Be-
fugnisse sowie die ihnen unterstellten Inspektionen und Marineteile
sind indenOrganisationsbestimmungen von 1899, die aber
durch sehr zahlreiche Erlasse abgeändert sind, geregelt.
An Bord bestimmen sich die Kommandostellen, abgesehen von
den Offizieren und Kommandanten der einzelnen Schiffe, nach der Zu-
sammensetzung der Geschwader und ihrer Vereinigung zur Hochsee-
flotte.
Il. Die Verwaltungsbehörden. Die Zentralbehörde ist das
1) Siehe Bd. I, S. 397.
2) Auch der Inspekteur des Bildungswesens war dem Kaiser unmittelbar unter-
stellt, durch die Kabinettsordre vom 30. März 1907 (Marineverordnungsbl. S. 73) wurde
er aber dem Marineministerium untergeordnet und in persönlicher Beziehung dem
Chef der Marinestation der Ostsee unterstellt.
3) Durch Verordnung vom 17. April 1899 (Marineverordnungsbl., S. 112) wurde
eine „Dienstanweisung für den Generalinspekteur der Marine“ erlassen und am 3. Juni
1901 (daselbst S. 209) eine Dienstanweisung für den Chef der Uebungstflotte.
4) Erlaß vom 30. März 1889 (Marineverordnungsbl. S. 77).