Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Vierter Band. (4)

148 8 106. Die gesetzliche Wehrpflicht. 
getroffenen Entscheidungen werden sogleich in die Vorstellungslisten 
eingetragen. Die tauglich befundenen Militärpflichtigen werden, soweit 
es zur Deckung des Rekrutenbedarfes und des Nachersatzes erforder- 
lich ist, in der gesetzlichen Reihenfolge ausgehoben. Für die Reihen- 
folge, in der die Militärpflichtigen auszuheben sind, ist der Grad der 
Tauglichkeit zum Militärdienst maßgebend. Ein Abweichen von dieser 
Reihenfolge ist nur zulässig zugunsten der in einem Schutzgebiet oder 
im Ausland lebenden Militärpflichtigen oder auf Antrag anderer Mili- 
tärpflichtigen, sofern diese ihre sofortige Einstellung wünschen, oder 
im Interesse einzelner Waffengattungen, an deren Ersatz besondere 
Anforderungen zu stellen sind’). 
Die ausgehobenen Rekruten werden in den Grundlisten gestrichen 
und erhalten Urlaubspässe. Mit Aushändigung derselben 
tretensiezudenMannschaftendesBeurlaubtenstan- 
des über und sind der Kontrolle der Landwehrbehörden unter- 
stellt 2). 
c) Die schuldbare Verletzung der Gestellungs- 
pflicht ist mit.derselben Strafe bedroht wie die Verletzung der Melde- 
pflicht, nämlich mit Geldstrafe bis zu 30 Mark oder Haft bis zu 3 Ta- 
gen ?), falls nicht zugleich eine härtere Strafe verwirkt, d. h. der Tat- 
bestand des im 8 140, Ziff. 1 des Strafgesetzbuches normierten Delikts 
gegeben ist. 
Außer dieser gerichtlichen Bestrafung kann die Nichterfüllung der 
Gestellungspflicht Nachteile hinsichtlich der Erfüllung der Dienstpflicht 
nach sich ziehen. Militärpflichtige, welche in dem Musterungs- oder 
Aushebungstermin nicht pünktlich erschienen sind, können außer der 
Reihenfolge ausgehoben werden *), und wofern die Versäumnis in bös- 
licher Absicht oder wiederholt erfolgt ist, können die Ersatzbehörden 
sie des Anspruchs auf Zurückstellung oder Befreiung von der Dienst- 
pflicht verlustig erklären und als unsichere Heerespflichtige sofort in 
die Armee einreihen lassen. Alsdann wird die Dienstzeit erst vom 
nächstfolgenden Rekruteneinstellungstermin ab gerechnet °). 
Wenn der Militärpflichtige bei der Musterung auf Täuschung be- 
rechnete Mittel anwendet, um sich der Erfüllung der Dienstpflicht zu 
entziehen, so wird er nach 8 143 des Strafgesetzbuches bestraft‘). Dem 
1) Militärgesetz 8 13 in der Fassung des Gesetzes vom 22. Juli 1913. Dadurch 
ist die Losung beseitigt worden. Ausführliche Bestimmungen über die Reihenfolge 
der Aushebung enthält die Wehrordnung $ 66 in der ganz veränderten Fassung vom 
8. Dezember 1913. 
2) Wehrordnung $ 73, Ziff. 6; Militärgesetz $ 34. 
3) Militärgesetz $ 33, Abs. 1. 
4) Militärgesetz 8 33, Abs. 2 in der Fassung des Gesetzes vom 22. Juli 1913. 
Vgl. die näheren Anordnungen in der Wehrordnung $ 26 und $ 66, Ziff. 3d in der 
Fassung vom 8. Dezember 1913. 
5) Militärgesetz 8 33, Abs. 2. 
6) Siehe oben S. 142.
	        
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