Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Vierter Band. (4)

$ 106. Die gesetzliche Wehrpflicht. 155 
gesehene Billigkeitsgründe eine Befreiung von der Ableistung der ak- 
tiven Dienstpflicht gerechtfertigt erscheinen lassen '). 
In denjenigen Fällen, in denen Militärpflichtige der Landbevölke- 
rung der Ersatzreserve zu überweisen sind, werden Personen der see- 
männischen und halbseemännischen Bevölkerung der Marine-Er- 
satzreserve überwiesen’). 
e) Aushebung für das stehende Heer oder die Flotte. 
Dieselbe ist die Entscheidung, daß der Militärpflichtige den Dienst im 
aktiven Heer oder in der Flotte zu leisten habe. Sie kann wieder 
einen vierfach verschiedenen Inhalt haben, nämlich 
«) Zum Dienst mit der Waffe. Die hierzu tauglich Befun- 
denen werden auf die einzelnen Waffengattungen nach ihrer Körper- 
größe und ihren besonderen Eigenschaften verteilt?).. Die seemänni- 
sche Bevölkerung des Reiches ist nur der Aushebung für die Marine 
unterworfen, vom Dienste im Landheer befreit ®). 
8) Zum Dienst ohne Waffe, und zwar als Krankenwärter, 
Leute, welche Lust und Befähigung zur Krankenpflege haben; als 
Oekonomiehandwerker Militärpflichtige, welche als Schneider, Schuh- 
macher oder Sattler oder zur Bedienung der Maschinen auf den 
Truppen- und Korpswerkstätten zu verwenden sind, und als Pharma- 
zeuten solche zum einjährig-freiwilligen Dienst berechtigte Personen, 
welche die Approbation als Apotheker erlangt haben °). 
y) Als Arbeitssoldaten solche zum Dienst mit der Waffe taug- 
liche Militärpflichtige, welche nicht im Besitz der bürgerlichen Ehren- 
rechte sind'°). 
ö) Zur versuchsweisen Einstellung, wenn Militärpflichtige an- 
geblich an Gebrechen leiden, deren Vorhandensein bei der Gestellung 
vor den Ersatzbehörden überhaupt nicht oder nicht in dem behaup- 
teten Grade nachgewiesen werden kann’). 
IV. Die Verpflichtung zum aktiven Dienst im stehenden 
Heer oderin der Flotte. 
Mit dem Ausdruck »stehendes Heer« bezeichnen die Reichsgesetze 
nicht bloß die Gesamtheit der bei den Fahnen befindlichen Militär- 
personen des Friedensstandes, sondern auch die zur Reserve Beur- 
laubten®). Es ist demnach nicht gleichbedeutend mit dem Ausdruck: 
»aktives Heer«®). Ebenso umfaßt der Ausdruck »Flotte« auch die 
Marinereserve mit. Eine gesetzliche Pflicht zum Dienst in den afri- 
1) Gesetz vom 11. Februar 1888, $ 10. 
2) Ebendaselbst $ 22. Wehrordnung $ 18 u. 41. Marineordnung $ 10. 
3) Die näheren Vorschriften sind in der Heerordnung $ 5 enthalten. 
4) Reichsverfassung Art. 53, Abs. 4. 
5) Wehrgesetz $ 1, Abs. 2. Heerordnung $ 6. Marineordnung $ 11, Ziff. 5 u. 6. 
6) Militärgesetz $ 18. Wehrordnung $ 30, Ziff. 4; 8 43, Ziff.2. Siehe oben S. 153. 
7) Wehrordnung $ 43, Ziff. 3; $ 65, Ziff. 4. 
8) Reichsverfassung Art. 59, Abs. 1. Wehrgesetz 8 6. 9) Militärgesetz $ 38.
	        
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