Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Vierter Band. (4)

8 106. Die gesetzliche Wehrpflicht. 181 
dürfen durch die Ersatzbehörden dritter Instanz entbunden werden 
junge Leute, welche in einem Zweige der Wissenschaft oder Kunst, 
des Kunsthandwerks oder der mechanischen Arbeiten, oder in einer 
anderen dem Gemeinwesen zugute kommenden Tätigkeit sich beson- 
ders auszeichnen, sowie die zu Kunstleistungen angestellten Mitglieder 
landesherrlicher Bühnen '}). 
b) Die Verpflichtung zur Bekleidung, Ausrüstung und Verpflegung 
auf eigene Kosten wird übernommen durch Beibringung eines Attestes 
des Vaters oder Vormunds, in welchem er seine Bereitwilligkeit und 
Fähigkeit bekundet, diese Kosten zu tragen. Der Umfang der Ver- 
bindlichkeit ist normiert in einem besonderen Reglement, welches als 
Anlage 5 zu $ 19 der Heerordnung beigegeben ist. Ein Freiwilliger, 
welchem die Mittel zu seinem Unterhalt fehlen, darf ausnahms- 
weise mit Genehmigung des Generalkommandos in die Verpflegung 
des Truppenteils aufgenommen werden ’). 
Für die Marine besteht aber eine abweichende Regel, die auf 
der eigentümlichen Art des Dienstes in der Flotte beruht. Junge See- 
leute von Beruf und Maschinisten, welche beim Eintritt in das dienst- 
pflichtige Alter die Qualifikation zum einjährig-freiwilligen Dienst er- 
langt, oder welche das Steuermannsexamen abgelegt haben, werden 
zum einjährig-freiwilligen Dienst in der Marine zugelassen, ohne zur 
Selbstbekleidung und Selbstverpflegung verpflichtet zu sein?). 
Das Vorhandensein der Voraussetzungen zum einjährig-freiwilligen 
Dienst wird konstatiert durch einen Berechtigungsschein, den die Prü- 
fungskommission auf schriftlichen Antrag erteilt. Der Antrag darf nicht 
vor vollendetem 17. Lebensjahre und muß spätestens bis zum 1. April 
des ersten Militärpflichtjahrs gestellt werden !). 
3. Militärpflicht. Wer die Berechtigung zum einjährig-frei- 
willigen Dienst hat, ist von der gewöhnlichen Melde- und Gestellungs- 
pflicht frei; er hat sich vielmehr beim Eintritt in das militärpflichtige 
Alter bei der Ersatzkommission seines Gestellungsortes schriftlich oder 
mündlich zu melden und unter Vorlegung des Berechtigungsscheines 
die Zurückstellung von der Aushebung zu beantragen; er wird hier- 
auf bis zum 1. Oktober seines vierten Militärpflichtjahrs, d.i. das Jahr, 
den Anforderungen für die sämtlichen Bundesstaaten zu sichern, besteht beim Bun- 
desrat eine besondere Reichsschulkommission. Vgl. über dieselbe Bd. 1, S. 394. 
1) Wehrordnung $ 89, Ziff. 6. 
2) Wehrordnung $ 94, Ziff. 12. Voraussetzung ist, daß die Mittellosigkeit erst 
nach Erteilung des Berechtigungsscheins eingetreten ist. Erlaß des württemb. Minist. 
des Innern vom 13. September 1899 bei Reger Bd. 20, S. 152. Solche Freiwillige 
kommen auf die Friedenspräsenzstärke in Anrechnung. 
3) Wehrgesetz 8 13, Ziff. 4; Marineordnung $ 24, Ziff. 2 u.3. Mannschaften der 
halbseemännischen und der Landbevölkerung, welche ihrer Dienstpflicht in der Marine 
genügen, sind verpflichtet, sich selbst zu bekleiden, auszurüsten und zu verpflegen; 
ebenda Ziff. 4 und Anlage 8. 
4) Wehrordnung $ 89.
	        
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