Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Vierter Band. (4)

8 106. Die gesetzliche Wehrpflicht. 187 
usw. In allen diesen Beziehungen werden selbstverständlich die Ofii- 
ziere des Beurlaubtenstandes nicht wie die Reserve- und Landwehr- 
mannschaften behandelt, obgleich die Dienstpflicht beider auf 
demselben Rechtsgrund beruht, sondern wie die Offiziere des 
Friedensstandes; denn für diese Verhältnisse ist eben der Rechtsgrund 
der Dienstpflicht unerheblich. Aber dies gilt nicht nur von denjenigen 
Rechten und Pflichten, welche unmittelbar mit dem eigentlichen mili- 
tärischen Range und Amte zusammenhängen, sondern auch von den- 
jenigen, welche auf der Zugehörigkeit zum Offizierstande be- 
ruhen und sich mithin als Standespflichten der Offiziere charakteri- 
sieren. Denn auch derjenige, welcher seiner gesetzlichen Wehr- 
pflicht als Offizier genügen will, tritt ebenso wie der Berufsoffizier in 
diesen Stand ein und unterwirft sich hiermit den Standespflichten. 
Die wichtigste Konsequenz dieses Satzes ist die, daß die Verord- 
ordnung über die Ehrengerichte der Offiziere vom 
2. Mai 1874 nebst der Ergänzung vom 1. Januar 1897!) auf die Offi- 
ziere des Beurlaubtenstandes volle Anwendung findet. 
Endlich ist ein Rechtssatz zu erwähnen, welcher mit dem soeben 
entwickelten Unterschied, der zwischen den Offizieren und den Mann- 
schaften des Beurlaubtenstandes hinsichtlich ihrer Dienstpflicht be- 
steht, in engem Zusammenhange steht. Reserve- und Landwehrmann- 
schaften treten nämlich beim Verziehen von einem Staate in den 
anderen zur Reserve bzw. Landwehr des letzteren über’), Offiziere des 
Beurlaubtenstandes verbleiben dagegen stets im Dienstverhältnis des- 
jenigen Bundesstaates, von dessen Kontingentsherrn sie zum Offizier 
ernannt worden sind’). Dieser Unterschied beruht darauf, daß Offi- 
ziere der Reserve und Landwehr nicht wie die Mannschaften ihre 
gesetzliche Wehrpflicht als einfache Untertanenpflicht erfüllen, sondern 
daß sie zugleich mit einem militärischen Range ausgestattet sind, der 
sie zur Handhabung einer militärischen obrigkeitlichen Gewalt (Kom- 
mando) befähigt. Die Quelle derselben ist aber der betreffende Bun- 
desstaat; die den Offizieren zur Ausübung übertragene Kommando- 
gewalt steht demjenigen Kontingentsherrn zu, von welchem 
sie ihre Ernennung erhalten haben *). Offiziere des Beurlaubtenstandes 
stehen in dieser Hinsicht den Offizieren des aktiven Friedenssiandes 
ganz gleich; sie haben nicht nur eine Dienstpflicht, sondern sie 
1) Siehe darüber den folgenden Paragraphen unter II, 2. 
2) Wehrgesetz $ 17, Abs. 3. 
3) Heerordnung $ 51, Ziff.7. Ebenso bleiben sie beim Aufenthaltswechsel inner- 
halb des Gebietes ihres Kontingentsherrn bei demjenigen Truppenteil, in dessen 
Offizierkorps sie infolge ihrer Beförderung eingetreten sind, solange sie nicht zu 
einem anderen Truppenteil versetzt werden. 
4) Siehe oben S. 63ff. Diesen Grundsätzen entsprechend sind beim Uebergang 
des Fußartilleriebataillons Nr. 13 aus dem württemb. in das preuß. Kontingent die 
bisherigen Offiziere des Beurlaubtenstandes des Bataillons königl. württember- 
gische Offiziere geblieben. Vereinbarung vom 13./18. September 1893, Ziff. 4.
	        
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