$ 107. Die freiwillig übernommene Militärdienstpflicht. 193
die Ergänzung des Offizierkorps der Marine; die jetzt gel-
tenden Bestimmungen sind enthalten in der Verordnung vom
29. Juli 1893, ferner des Maschineningenieurskorps der Marine,
der Sanitätsoffizierkorps des Heeres und der Marine und des Veterinär-
offizierkorps.
2. Die dienstlichen Pflichten der Offiziere im
aktiven Dienst.
Offiziere haben ganz dieselben Pflichten wie andere Beamte, näm-
lich die Pflicht zur Verwaltung des übertragenen Amtes (Kommandos),
die Pflicht zur Treue und zum Gehorsam und die Pflicht eines ach-
tungswürdigen Verhaltens'.. Daß die Dienstverrichtungen andere sind
wie die im Zivildienst, daß die Betätigung der Treue und des Gehor-
sams unter gewissen Umständen, namentlich im Kriege, den Offizieren
eine Gefährdung des eigenen Lebens und der Gesundheit, eine Selbst-
aufopferung, auferlegt, wie sie anderen Beamten gewöhnlich nicht zu-
gemutet wird, und daß der Begriff des achtungswürdigen Verhaltens
durch die Sitten und Anschauungen der Standes- und Berufsgenossen
eigentümlich modifiziert ist, dies alles begründet zwar eine sehr be-
deutende tatsächliche Verschiedenheit zwischen der Dienstpflicht eines
Offiziers und derjenigen eines Beamten im gewöhnlichen Sinne, ein
juristischer Unterschied ist aber darin nicht zu finden. Die
Rechtsnormen sind durchaus identisch. Dagegen sind die recht-
lichen Mittel zur Erzwingung der Pflichterfüllung stärkere; die
Rechtsfolgen der Pflichtverletzung sind schwerere. Im allgemeinen
gilt hier als sehr einfacher und durchgreifender Grundsatz: die Ver-
letzung derfreiwilligübernommenenMilitärdienst-
pflicht wird ganz ebenso behandelt wie die Ver-
letzung der gesetzlichen Dienstpflichtbeiden Fah-
nen. Der Begriff »der Personen des Soldatenstandes« umfaßt beide
Kategorien von Dienstpflichtigen, und beiden gegenüber kommen völlig
dieselben Rechtsmittel zur Anwendung, um sie zur Erfüllung ihrer
Pflicht anzuhalten. Das Militärstrafgesetzbuch und die Disziplinar-
strafordnung, sowie die übrigen hier in Betracht kommenden speziel-
len Verordnungen unterscheiden nicht nach dem Rechtsgrunde
der Dienstpflicht, sondern, soweit überhaupt unter den Personen des
Soldatenstandes ein Unterschied anerkannt wird, lediglich nach dem
militärischen Dienstrange, so daß zwar für Offiziere teilweise an-
dere Rechtsregeln gelten, wie für Unteroffiziere und Gemeine, z. B.
hinsichtlich der Strafen, aber nicht für Berufsoffiziere andere wie für
Offiziere des Beurlaubtenstandes. Dies gilt im Prinzip selbst für die
Strafe der Dienstentlassung; im praktischen Erfolge aber besteht hier
allerdings eine Verschiedenheit, indem sie für die Offiziere des Beur-
1) Vgl. oben Bd. 1, $ 47.