Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Vierter Band. (4)

8 107. Die freiwillig übernommene Militärdienstpflicht. 199 
4. Die Beförderung der Offiziere. 
Ein wirkliches Recht auf Beförderung gibt es im Militärdienst so 
wenig wie in anderen Zweigen des Staatsdienstes; die Beförderung 
eines Offiziers hängt vielmehr von der freien Willensentschließung des 
betreffenden Kontingentsherrn ab. Es bestehen aber gewisse Verwal- 
tungsvorschriften, nach welchen die Truppenbefehlshaber und die 
übrigen mit der Bearbeitung der Avancementsangelegenheiten be- 
trauten Offiziere zu verfahren haben, so daß dadurch die Beförderung 
wenigstens teilweise verwaltungsrechtlich geregelt ist und für die ein- 
zelnen Offiziere eine rechtlich begründete Anwartschaft gegeben ist, 
bei dem Eintritt gewisser tatsächlicher Verhältnisse zu einer höheren 
Rangstufe, Dienststellung oder Gehaltsklasse aufzusteigen. Als allge- 
meines Prinzip gilt der Grundsatz, daß die Beförderung zu einer 
höheren Stelle oder Rangstufe nach Maßgabe des Dienstalters 
erfolgt. Dieses Prinzip galt in der preußischen Armee seit alter Zeit; 
eine Ausnahme wurde nur hinsichtlich der Generale gemacht !); ferner 
hinsichtlich der Regimentskommandeure‘); endlich allgemein »bei der 
Besetzung der höheren Stellen in der Armee«, d.h. bei Stabsoffizieren ?). 
Das Dienstalter bestimmt sich in jedem Dienstrange nach dem Datum 
des Patentes. Jedes Patent wird in der Regel nach dem Tage der Er- 
nennung datiert; für die an einem und demselben Tage Beförderten 
bestimmt sich die Rangordnung nach dem Patent der früheren Charge, 
gibt auch dies keine Entscheidung, nach dem Tage des Diensteintrittes 
und äußersten Falles nach dem Lebensalter !). 
Hierdurch ergibt sich eine Rangordnung aller Offiziere durch alle 
Waffen und durch die ganze Armee, welche dadurch von Wichtigkeit 
wird, daß in dienstlichen Angelegenheiten stets der ältere Offizier als 
der Vorgesetzte des jüngeren gilt und ihm Befehle zu erteilen befugt 
ist’). Für die Beförderung ist diese Rangordnung jedoch in der Regel 
3. 248. Zur Ausführung dieser Verordnung sind auf Grund des $ 16 derselben vom 
preuß. Kriegsminister „Erläuterungen und nähere Festsetzungen“ am 24. August 1873 
erlassen worden (Armeeverordnungsbl. S. 230). Diese, sowie die zahlreichen Reskripte 
des Militär-Oek.-Depart. zur Erledigung von Spezialfragen sind gedruckt bei v. Hell- 
dorff a. a. O. Tl. III, Abt.5, S.1—105. Die Verordnung vom 21. Juni 1875, an deren 
Stelle jetzt die Verordnung vom 25. Juni 1901 (Reichsgesetzbl. S. 241) getreten ist 
ist auf Personen des Soldatenstandes nicht anwendbar. 
1) Kabinettsordre vom 30. November 1808 (bei v. Helldorff IL, 1, S. 11). 
2) Kabinettsordre vom 10. März 1809 (ebendaselbst a. a. O.). 
3) Kabinettsordre vom 30. März 1839. Dieselbe ist bestätigt und von neuem 
verkündigt worden durch Kabinettsordre vom 17. Mai 1859; es ist dabei ausdrücklich 
der „Stabsoffiziere“ Erwähnung geschehen. 
4) Kabinettsordre vom 12. März 1853 (a. a. O. S.14fg.). Nur für die an einem 
Tage ernannten Leutnants der Artillerie bestimmt sich die Reihenfolge der Patente 
nach dem Ausfalle der Berufsprüfung. 
5) Er kann selbst eine vorläufige Verhaftung „der nach dem Dienstgrade oder 
dem Patent oder dem Dienstalter unter ihm stehenden Personen des Soldatenstandes“ 
verfügen. Militärdisziplinarstrafordnung 8 7, Abs. 2,
	        
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