Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Vierter Band. (4)

208 8 107. Die freiwillig übernommene Militärdienstpflicht. 
Verordnung vom 8. Juni 1876 (Armeeverordnungsbl. S. 141). Ermäch- 
tigt zum Abschluß der Kapitulationen ist der Befehlshaber eines Trup- 
penteils (Regiment, selbständiges Bataillon, Bezirkskommando)'); der 
Kapitulant muß großjährig sein oder — falls er bereits vor erreichter 
Großjährigkeit eine Kapitulation abschließen will, die schriftliche und 
beglaubigte Zustimmung des Vaters oder Vormundes beibringen’). Er 
kann die Kapitulation ‚bereits vor Erfüllung der aktiven Dienstpflicht, 
ja sogar schon bei der Annahme oder dem Diensteintritt abschließen °). 
Der Vertrag muß in allen Fällen schriftlich abgeschlossen werden ®). 
Kein Truppenteil darf mit Kapitulanten eines anderen Truppenteils 
ohne Zustimmung des letzteren behufs Gewinnung derselben in Ver- 
bindung treten, und er darf mit Mannschaften, welche Truppenteilen 
oder Instituten derselben Garnison angehört haben, nicht früher eine 
Kapitulation abschließen als nach Ablauf eines Jahres nach ihrer Ent- 
lassung von ihrem Truppenteil, wofern nicht der letztere die Zustim- 
mung zu einer früheren Kapitulation erteilt°). 
3. Der Kapitulant ist verpflichtet, während der Zeit, für 
welche er den Vertrag. abgeschlossen hat, den aktiven Militärdienst 
ebenso zu leisten, wie ihm dies in Erfüllung der gesetzlichen Wehr- 
pflicht obliegen würde. Die Anwendung der Vorschriften des Militär- 
strafgesetzbuchs, der Strafgerichtsordnung, Disziplinarstrafordnung und 
aller übrigen die Dienstpflicht regelnden und ihre Erfüllung sichern- 
den Vorschriften erfolgt auf Kapitulanten ganz ebenso wie auf Mann- 
schaften, welche ihrer gesetzlichen aktiven Dienstpflicht genügen). 
Auch Versetzungen von Kapitulanten können nach denselben Grund- 
sätzen, wie die aller übrigen Mannschaften geschehen’). Kapitulanten 
gehören zu den Militärpersonen des Friedensstandes von Beginn bis 
zum Ablauf oder bis zur Aufhebung der abgeschlossenen Kapitu- 
lation ?). 
1) Bestimmungen von 1902, $1, Abs. 2. Für die Marine sind außer den Marine- 
teilen und Artilleriedepots auch die Kommandanten der Schiffe und Fahrzeuge in 
außereuropäischen Gewässern und bei längerer Abwesenheit berechtigt, Angehörige 
des Deutschen Reichs als Kapitulanten einzustellen. Verfügung vom 25. Mai 1873 
(Marineverordnungsbl. S. 116). Bestimmungen vom 29. August 1876, Ziff. 1. Marine- 
ordnung $ 30. 
| 2) Bestimmungen $ 6. Es ergibt sich hieraus ganz deutlich, daß die Kapitulation 
als ein zweiseitiges Rechtsgeschäft angesehen wird. 
3) Ebendaselbst $ 1, Abs. 3. 
4) Ebendaselbst 83. Die Verhandlung wird von einem Offizier nach einem vor- 
geschriebenen Schema aufgenommen. Das Muster ist vorgeschrieben im Armeever- 
ordnungsbl. von 1876, S. 143 und ist mit Rücksicht auf die erforderliche Genehmigung 
des Vaters usw. ergänzt worden. Daselbst 1897, S. 46. 
5) Ebendaselbst $ 8, 9. 
6) Insbesondere sind im Militärstrafgesetzbuch $ 69 die „gesetzliche“ und die 
„übernommene“ Verpflichtung zum Dienst hinsichtlich der Strafe der Fahnen- 
flucht ganz gleichgestellt. Vgl. ferner $ 76, 81—83 ebendaselbst. 
7) Verordnung vom 8. Juni 1876, $ 11. 8) Militärgesetz $ 38A, 2.
	        
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