Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Vierter Band. (4)

220 S 108. Einfluß d. Militärdienstverhältnisses auf andere Rechtsverhältnisse. 
ortes begründet keinen Gerichtsstand für dieselbe. In betreff aller 
Klagen, welche wegen vermögensrechtlicher Ansprüche erhoben wer- 
den, ist für Militärpersonen, welche nur zur Erfüllung der Wehrpflicht 
dienen, oder welche selbständig einen Wohnsitz nicht begründen kön- 
nen, das Gericht des Garnisonorts zuständig; der Garnisonort hat für 
diese Personen daher diejenige rechtliche Bedeutung, welche in bür- 
gerlichen Verhältnissen ähnlicher Art der Aufenthaltsort hat!), 
Auch hinsichtlich des bürgerlichen Prozeßverfahrens (aus- 
genommen die Zwangsvollstreckung) bestehen für Militärpersonen 
keine abweichenden Vorschriften, mit der alleinigen Ausnahme, daß 
die Zustellungen für einen Unteroffizier oder Gemeinen des 
aktiven Heeres oder der akliven Marine an den Chef der zunächst 
vorgesetzten Kommandobehörde (der Kompagnie, Schwadron, Batterie 
usw.) erfolgen müssen, und daß Zustellungen an Personen, welche 
zu einem im Auslande befindlichen oder zu einem mobilen Truppen- 
teile oder zur Besatzung eines in Dienst gestellten Kriegsfahrzeuges 
gehören, mittels Ersuchens der vorgesetzten Kommandobehörde erfol- 
gen können’). 
Ueber die Bestrafung der Verletzung der Zeugen- und Sachver- 
ständigenpflicht und der Vorführung von Militärpersonen zur Ablegung 
eines Zeugnisses vgl. Bd. 3, & 92. 
Zu erwähnen ist ferner, daß zu denjenigen Fällen, in denen die 
Aussetzung des Prozeßverfahrens statthaft ist, auch der gehört, daß 
eine Partei »zu Kriegszeiten« im Militärdienste sich befindet. 
Zivilprozeßordnung 8 247. 
3. Das Militärdienstverhältnis bildet das Motiv für eine bedeutende 
Anzahl von Sonderbestimmungen hinsichtlich der Zwangsvoll- 
streckung. Diese Bestimmungen finden nicht nur auf die gericht- 
liche, sondern auch auf jede andere Art von Zwangsvollstreckungen, 
insbesondere auf die von Verwaltungsbehörden auszuführenden, An- 
wendung, und da sie nicht im persönlichen Interesse des Schuldners, 
sondern im Interesse des militärischen Dienstes geiroffen sind, so 
haben sie den Charakter des ius cogens und können durch Einwilli- 
gung des Schuldners nicht aufgehoben werden). Für alle Arten von 
Zwangsvollstreckungen besteht der Grundsatz, daß sie gegen eine dem 
aktiven Heere oder der aktiven Marine angehörende Militärper- 
son erst beginnen dürfen, nachdem die vorgesetzte Militärbehörde da- 
1) Zivilprozeßordnung $ 20, Abs. 2. Für Klagen wegen nicht vermögensrecht- 
licher Ansprüche, insbesondere für Prozesse, welche die Personenstandsverhältnisse 
betreffen, ist der Gerichtsstand des $ 20 überhaupt nicht begründet und auch für 
vermögensrechtliche Klagen ist er nicht der ausschließliche, sondern der Klä- 
ger hat die Wahl zwischen ihm und dem allgemeinen Gerichtsstande des Wohnsitzes 
und den etwa begründeten speziellen Gerichtsständen. Zivilprozeßordnung 8 35. Vgl. 
Endemann, Der deutsche Zivilprozeß I, S.262; Wach, Zivilprozeß Bd. 1, S.415 fg. 
2) Zivilprozeßordnung $ 172, 201. 3) Militärgesetz $ 45, Abs. 1.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.