> 896. Die Einheitlichkeit des Militärrechts u. der Heereseinrichtungen.
ist«e. Von diesem Vorbehalt ist in der Mehrzahl der auf das Heer-
wesen bezüglichen Reichsgesetze in der Art Gebrauch gemacht worden,
daß der Erlaß der Ausführungsverordnungen dem Kaiser und für
Bayern dem Könige von Bayern übertragen worden ist‘). Alle
auf Grund einer solchen reichsgesetzlichen Ermächtigung ergangenen
Anordnungen des Kaisers sind Willensakte des Reichs; der Kaiser
erläßt dieselben in seiner Eigenschaft als Oberhaupt des Reichs, nicht
als König von Preußen. Sie werden vom Reichskanzler oder
einem verantwortlichen Stellvertreter desselben gegengezeichnet; sie
werden, falls sie Rechtsvorschriften enthalten, im Reichsgesetz-
blatt verkündet), falls sie keine Rechtsverordnungen sind, im
Zentralblatt des Deutschen Reiches veröffentlicht, und sie er-
langen durch diese Verkündigung im ganzen Reichsgebiete und für
alle Kontingente (ausgenommen Bayern) von Reichs wegen verbind-
liche Kraft °).
b) Als der Norddeutsche Bund gegründet wurde, fehlte es selbst-
verständlich an der angegebenen Voraussetzung für die Zuständigkeit
des Bundesrates und des Bundespräsidiums; es gab keine Bundes-
gesetze über das Militärwesen als die in der Bundesverfassung selbst
enthaltenen Vorschriften. Sollte aber eine volle Uebereinstimmung
und Gleichheit der Heereseinrichtungen in allen Bundesstaaten durch-
geführt werden, so konnte man weder die vielgestaltige Militärgesetz-
gebung der einzelnen Staaten noch die Befugnis der Landesherren
und Senate, nach eigenem Ermessen Verordnungen zu erlassen, so
1) Wehrgesetz $ 18, 19; Reichsgesetz vom 24. November 1871, S 1 und
Reichsgesetz vom 11. Februar 1888, $ 36 u. 37. — Militärgesetz $ 71, 72; Reichs-
gesetz vom 6. Mai 1880, Art. III u. IV; Reichsgesetz vom 26. Mai 189, Art. II, $ 3.
— Landsturmgesetz $8 u. 9 und Reichsgesetz vom 11. Februar 1888 a. a. 0. —
Kontrollgesetz $8u.9. — Quartierleistungsgesetz 8 20 und Gesetz
vom 9. Februar 1875, 83. — Naturalleistungsgesetz $ 18, Novelle vom
21. Juni 1887, Art. IV. Novelle vom 24. Mai 1898, Art. IT — Militärstrafge-
richtsordnung $ 28. — Unklar und nichtssagend ist die Bestimmung im
Rayongesetz$ 47, Abs. 2. — Eine Ausnahme machen die Gesetze über Pen-
sionierung und Versorgung der Militärpersonen, ihrer Angehörigen und
Hinterbliebenen, sowie die Gesetze über die Kriegsleistungen. Hier greift
die Zuständigkeit des Bundesrats Platz; die Ausführungsbestimmungen zu den Ge-
setzen über die Kriegsleistungen sind in der Form einer kaiserl. Verordnung
mit Zustimmung des Bundesrats erlassen worden.
2) Unrichtig Arndt, Staatsrecht S. 457.
3) So sind beispielsweise alle Ausführungsbestimmungen zu den Gesetzen über
die Friedensleistungen und über die Kriegsleistungen, über den Servistarif und die
Klasseneinteilung der Orte usw. im Reichsgesetzbl. unter Gegenzeichnung des Reichs-
kanzlers oder seines Stellvertreters verkündet worden. Die Wehrordnung vom
22. November 1888 ist im Zentralblatt des Deutschen Reichs von 1889, S.1 veröffent-
licht; der kaiserl. Erlaß ist an den Reichskanzler adressiert; er bekundet, daß die
kaiserl. Genehmigung auf den Bericht des Reichskanzlers erfolgt ist, und er ist vom
Stellvertreter des Reichskanzlers gegengezeichnet. Dieselbe Form ist auch beim Er-
laß der Wehrordnung von 1875 (Zentralbl. S. 534) und vom 18. Februar 1901 (Zen-
tralbl. S. 41) beobachtet worden.