Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Vierter Band. (4)

$ 110. Begriff der Militärlasten und allgemeine Rechtssätze. 259 
Festungen anzulegen; und auch bei den Friedensleistungen trifft dies 
für die Marine immer, für die Armee in der Mehrzahl der Fälle zu!). 
Auch ist wohl zu beachten, daß die Kriegs- und Friedensleistungen 
nicht bloß für die Bedürfnisse des Kontingents des eigenen Staates, 
sondern in gleicher Art für die Kontingente aller übrigen Bundes- 
staaten zu machen sind, und daß dies um so häufiger tatsächlich ein- 
tritt, je mehr die Erfüllung der Militärlasten an die Voraussetzung ge- 
bunden ist, daß die Truppen sich außerhalb ihres Garnisonortes be- 
finden. 
Daß die Entschädigungspflicht eine Pflicht des Reichsfiskus 
ist, wird ausdrücklich anerkannt im Rayongesetz 8 42 und im Kriegs- 
leistungsgesetz $ 34; ebenso erklärt das Quartierleistungsgesetz $3 und 
8 4, daß die Entschädigung »vom Bunde« zu gewähren und daß der 
»Bund« berechtigt ist, die Quartierleistung gegen Entschädigung zu 
verlangen ?). 
Von erheblicher praktischer Bedeutung ist dies übrigens nicht, da 
der Reichsfiskus sowohl wie der Fiskus der Einzelstaaten von den 
Intendanturbehörden vertreten wird und auch die Zuständigkeit der 
Gerichte hiervon in der Regel unberührt bleibt. Vgl. unten $ 114. 
Rücksichtlich der bayerischen Armee jedoch besteht hin- 
sichtlich der Entschädigung für die Friedensleistungen und für 
Rayonbeschränkungen diese Verpflichtung des Reichsfiskus 
nicht. Denn da Bayern eine selbständige Verwaltung der Armee hat 
und die Kosten und Lasten seines Kriegswesens, den Unterhalt der 
auf seinem Gebiete belegenen festen Plätze und sonstigen Fortifikatio- 
nen einbegriffen, ausschließlich und allein trägt und dafür eine im 
Reichsetat ausgeworfene, der Kopfstärke seines Kontingents ent- 
sprechende Pauschsumme empfängt°), so muß es auch selbständig die 
Entschädigungspflicht für die von ihm geforderten Militärleistungen 
tragen. Im Falle des Krieges dagegen fällt diese Trennung zwischen 
der Armeeverwaltung Bayerns und derjenigen der übrigen Kontin- 
gente fort. Der Krieg ist ein Unternehmen des Reiches, als eines ein- 
heitlichen völkerrechtlichen und staatsrechtlichen Subjekts; er 
wird ebenso wie in politischer, so auch in finanzieller Beziehung auf 
Gewinn und Verlust des Reiches geführt. Alle Kriegskosten, d.h. alle 
durch den Krieg verursachten Ausgaben, für welche nicht in dem 
Reichshaushaltsgesetze (Friedensetat) die erforderlichen Beträge ausge- 
1) Insbesondere für die Quartierleistung ist festzuhalten, daß dieselbe nicht den 
Einzelstaaten, sondern dem Reiche gewährt wird, teils weil der Kaiser das 
Dislokationsrecht hat, teils weil die Herstellung von Kasernen nach Maßgabe des 
Reichsetats, also gemäß den Willensentschlüssen des Reiches, geschieht. Nur Bayern 
nimmt in dieser Hinsicht eine Sonderstellung ein. 
2) Im Naturalleistungsgesetz fehlt eine ausdrückliche Bestimmung darüber, wel- 
cher Fiskus das Subjekt der Entschädigungspflicht ist. Im $ 14 wird nur angeordnet, 
daß die Leistungen „aus Militärfonds“ vergütet werden. 
3) Vertrag vom 23. November 1870, III, $ 5.
	        
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