Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Vierter Band. (4)

262 $ 111. Die Friedensleistungen. 
an Räumlichkeiten besteht keine Leistungspflicht. Derselbe Grund- 
satz gilt für Truppen in Kantonnements, wenn die Dauer des Kan- 
tonnements von vornherein!) auf einen sechs Monate übersteigenden 
Zeitraum festgesetzt ist. Dagegen kann bei Kantonnements von nicht 
längerer als sechsmonatlicher oder von unbestimmter Dauer, ferner 
bei Märschen und Kommandos im Bedürfnisfall Quartier für Offiziere, 
Beamte und Mannschaften, ferner Stallung für die von denselben mit- 
geführten Pferde, soweit für dieselben etatsmäßig Rationen gewährt 
werden, endlich das erforderliche Gelaß für Geschäfts-, Arrest- und 
Wachlokalitäten verlangt werden ’?). 
Der Begriff der Truppen umfaßt die gesamte bewaffnete Macht 
einschließlich der Marine, und zwar nicht nur die in einem eigent- 
lichen Militärdienstverhältnis stehenden Personen, sondern auch das 
Heergefolge °); er bedeutet ferner nicht nur geschlossene Truppenkörper, 
sondern auch einzelne auf dem Marsche oder auf einem Kommando 
befindliche Personen oder Truppenteile, insbesondere auch die zum 
Dienst einberufenen Rekruten, Reservisten oder Landwehrleute usw. 
b) Die Quartierleistung kann nur in demjenigen Umfange ver- 
langt werden, welcher dem Bedürfnis entspricht. Durch ein beson- 
deres, dem Gesetz als Beilage angehängtes Regulativ ist die Größe, 
Beschaffenheit, Ausstattung des erforderlichen Raumes sowohl für Garni- 
sonquartier als für vorübergehende Einquartierung für die einzelnen 
Rangstufen bestimmt worden®). Dagegen hängt die Zahl und Art der 
Truppen, welche an einem gewissen Ort dauernd oder vorübergehend 
unterzubringen sind, ausschließlich von der Entscheidung der Militär- 
befehlshaber ab. Die Anweisung einer Garnison erfolgt in jedem 
Falle durch Anordnung des Kaisers (in Bayern des Königs); bevor 
dieselbe erlassen wird, sind zwischen dem Generalkommando und der 
oberen Verwaltungsbehörde Verhandlungen über die Zulässigkeit der 
Belegung und die Garnisonstärke zu führen’). Das Maximum, bis zu 
  
  
1) Auf die tatsächliche Dauer der Kantonnements kommt es nicht an, sondern 
lediglich darauf, daß eine Dauer von mindestens 6 Monaten in Aussicht genom- 
men ist. 
2) Quartiergesetz $ 2. Bei Offizieren gilt ein Kommando, dessen längere als 
sechsmonatliche Dauer von vornherein feststeht, als Versetzung, bewirkt 
also eine Veränderung der Garnison. Vgl. Urteil des Reichsgerichts vom 22. Februar 
1883. Entscheid. in Zivilsachen Bd. 8, S. 74 ff. 
3) Quartiergesetz $ 2 letzter Absatz. Die Bestimmung, daß unter der bewaffneten 
Macht die Truppen des Nordd. Bundes und der mitihm zu Kriegszwecken 
verbündeten Staaten zu verstehen seien, bezog sich auf die süddeutschen 
Staaten, welche mit dem Nordd. Bunde Schutz- und Trutzbündnisse geschlossen 
hatten. Durch die Errichtung des Deutschen Reiches ist diese Anordnung unan- 
wendbar geworden. 
4) Es ist ein Teil des Gesetzes und mit demselben verkündet worden, Bundes- 
gesetzbl. 1868, S. 530 fg.; hat also formelle Gesetzeskraft. Demgemäß ist 
eine Abänderung desselben durch das Reichsgesetz vom 21. Juni 1887, Art. I er- 
folgt. 5) Ausf.-Instruktion $ 5.
	        
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