Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Vierter Band. (4)

276 & 111. Die Friedensleistungen. 
die Leistung in Anspruch genommen worden ist; dieser Behörde liegt 
es ob, die zur Feststellung .der Vergütung erforderlichen Verhand- 
lungen herbeizuführen '. Für die Anmeldung der Ansprüche auf Ver- 
gütung der’Dienste besteht eine Präklusivfrist bis zum Ablauf des Ka- 
lenderjahres, welches auf das Jahr folgt, in dem die Dienste geleistet 
worden sind; für die Forderung wegen Schadensersatzes beträgt die 
Anmeldungsfrist vier Wochen von dem Eintritte der behaupteten Be- 
schädigung an?). Der Rechtsweg ist ausgeschlossen ?). 
VI Transportleistungen der Eisenbahnen. 
Die Verpflichtung der Eisenbahnverwaltungen zur Beförderung 
der bewaffneten Macht und des Materials des Landheeres und der 
Marine kann an sich als eine besondere Militärlast nicht erachtet 
werden; denn Eisenbahnen, welche der Benutzung des Publikums 
übergeben sind, haben den Charakter öffentlicher Verkehrsan- 
stalten, ihre Benutzung darf daher niemandem verweigert werden, der 
sich den allgemeinen Vorschriften des Reglements unterwirft, mithin 
darf sie auch der Militärverwaltung weder versagt noch durch beson- 
dere Bedingungen erschwert werden. Andererseits ist die Militär- und 
Marineverwaltung verbunden, sich den Vorschriften der Betriebs- und 
Polizeireglements zu unterwerfen, und sie kann keine Transportlei- 
stungen verlangen, die mit den allgemeinen Betriebsleistungen und der 
Ausrüstung der Eisenbahn unvereinbar sind. 
Eine besondere Verpflichtung ist den Eisenbahnverwaltungen nur 
insofern auferlegt worden, als sie das Militär und alles Kriegsmaterial 
zu gleichen ermäßigten Sätzen zu befördern verpflichtet sind. 
Diese Last ist in der Reichsverfassung Art. 47 anerkannt‘). Die 
Reichsverfassung hat aber nicht bestimmt, wie diese ermäßigten Sätze 
festzustellen sind; sie verordnet nur, daß die Eisenbahnverwaltungen 
nicht berechtigt sind, für Militärtransporte die gewöhnlichen tarif- 
mäßigen Sätze zu liquidieren und daß die zu gewährende Vergütnng 
für sämtliche Eisenbahnen gleich sein soll. In dieser Beziehung ist 
Art. 47 der Reichsverfassung näher ausgeführt worden durch 815 des 
Naturalleistungsgesetzes, welcher bestimmt, daß der allgemeine Tarif 
vom Bundesrat zu erlassen und von Zeit zu Zeit zu revidieren sei?). 
Der Tarif ist sonach nicht mit den Eisenbahnverwaltungen zu verein- 
baren, sondern er wird vom Reich einseitig festgestellt und zwar durch 
Beschluß des Bundesrates. 
Die Regelung ist erfolgt durch die unter Zustimmung des Bundes- 
1) Ausf.-Verordnung zu $ 16. 2) Naturalleistungsgesetz & 16. 
3) Ebendaselbst $ 14. 4) Vgl. Bd. 3, S. 136 fg. 
5) Außerdem ist durch das Naturalleistungsgesetz außer Zweifel gestellt, daß 
dieser ermäßigte Tarif nicht nur zugunsten der Militärververwaltung, sondern auch 
zugunsten der Marineverwaltung eintritt, was nach dem Wortlaut des Art. 47 der 
Reichsverfassung in Zweifel gezogen werden könnte.
	        
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