$ 111. Die Friedensleistungen. 281
Das hierbei zu beobachtende Verfahren ist durch die Ausführungs-
verordnung vom 13. Juli 1898 zu 8 14 des Gesetzes geregelt; gesetzlich
ist nur vorgeschrieben, daß bei der Auswahl der Sachverständigen die
Vertretungen der Kreise oder gleichartigen Verbände mitzuwirken
haben, und daß die Beteiligten zum Schätzungstermine vorzuladen
sind'!). Die Flurschäden sind bei dem Ortsvorstande anzumelden, der
zunächst darüber zu entscheiden hat, ob und inwieweit die Aberntung
der beschädigten Felder vorzunehmen ist. Die Abschätzungskommis-
sion für Flurschäden, welche durch größere Truppenübungen (Korps,
Divisionen und Artillerieschießübungen) verursacht worden sind, be-
steht aus einem Kommissar der beteiligten Landesregierung, einem
Offizier, einem Militärbeamten und zwei Sachverständigen ?). Der Kom-
missar leitet die Verhandlungen. Die Gutachten der Sachverständigen
bilden die Grundlage für die Erwägungen der Kommission, sind für
dieselbe aber nicht bindend. Die Beschlußfassung erfolgt nach Stim-
menmehrheit; die Stimme des Kommissars gibt im Falle der Stim-
mengleichheit den Ausschlag. Die Feststellung der Vergütung hat
möglichst bald nach Entstehung des Schadens stattzufinden?). Für
man immer nur Flurschäden, d.h. Verringerungen der landwirtschaftlichen Erträgnisse,
verstanden; das preuß. Kriegsministerium hat es daher abgelehnt, Jagdpächtern
eine Entschädigung für die durch Truppenübungen verursachte Verminderung des
Wildstandes zu gewähren. Dagegen wendet sich Pachmayr, Manöverschäden
und Jagdrecht, München 1892, unter Berufung auf den Wortlaut des $ 14, welcher
Vergütung für „alle durch die Benutzung von Grundstücken zu Truppenübungen
entstehenden Schäden“ gewährt. Allein der Jagdberechtigte erleidet durch eine zeit-
weise Verscheuchung von Wild keinen Schaden im Rechtssinne, da er an den jagd-
baren Tieren, solange sie nicht okkupiert sind, kein Recht hat. Die Rechtssätze,
welche das obligatorische Verhältnis zwischen dem Jagdverpächter und dem Jagd-
pächter auf Grund des Pachtvertrages betreffen, lassen sich auf die Manöverschäden
nicht übertragen. Auch dürfte die Feststellung, ob und in welchem Umfang ein
Schaden durch die Truppenübungen verursacht ist, namentlich ob nicht das Wild in
das Manöverterrain bis zur Jagdzeit wieder zurückkehrt, unmöglich sein. Vgl. auch
das Urteil des bayerischen Obersten Landesgerichts vom 24. März 1898 (bei Reger,
Bd. 20, S. 111), welches in diesem Sinne entschieden hat. Anders dagegen das Urteil
des Oberlandesgerichts zu Kolmar vom 28. November 1894 in Puchelts Zeitschr. für
franz. Zivilrecht Bd. 26, S. 158.
1) Naturalleistungsgesetz 8 14, Abs. 2. Die Kreisvertretungen haben die Sach-
verständigen in genügender Anzahl periodisch im voraus zu bestimmen; in denjenigen
Bundesstaaten, in denen dergleichen Verbandsvertretungen nicht vorhanden sind, er-
nennt die Landesregierung unter Mitwirkung geeigneter anderer Organe die Sach-
verständigen. Die Sachverständigen werden entweder ein für allemal oder bei der
einzelnen Abschätzung vereidigt. Sie erhalten Tagegelder und Reiseentschädigung.
Die Höhe derselben ist jetzt festgesetzt in dem Kaiserl. Erlaß vom 21. Juni 1913
(Reichsgesetzbl. S. 433).
2) Bei den durch kleinere Uebungen veranlaßten Schäden kann die Zusammen-
setzung der Kommission nach dem Ermessen der Militärverwaltung in der Art ver-
einfacht werden, daß die letztere bei der Kommission gar nicht oder nur durch einen
Offizier oder einen Militärbeamten vertreten wird.
3) Eingehende Vorschriften enthält die Ausführungsverordnung a. a. 0. Die