Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Vierter Band. (4)

288 $ 112. Die Kriegsleistungen. 
pflichtung keinem Zweifel; dagegen bedarf die Stellung der Gemeinden 
und die völlig gleichartige der Lieferungsverbände einer näheren Er- 
örterung, da sie für die Kriegsleistungen in anderer Weise wie für die 
Friedensleistungen geregelt ist. Die Gesetze über die Quartierleistung 
und über die Naturalleistungen im Frieden erkennen dem Vorstande 
der Gemeinden durchweg nur die Funktion eines Verwaltungsorganes 
zu, durch dessen Tätigkeit die Militärlasten durchgeführt und geltend 
gemacht werden, während die eigentlich Verpflichteten die Besitzer der 
Wohnungen usw. sind. Die Verpflichtung der Gemeindevorstände be- 
schränkt sich daher auf diejenige Tätigkeit, welche zur Ausführung der 
Requisitionen erforderlich ist, und ihre Verantwortlichkeit geht nur 
darauf, daß sie hierbei die nötige Sorgfalt anwenden. Zwar steht es 
den Gemeinden frei, statt der Heranziehung der einzelnen zur Natural- 
leistung die Requisition auf Kosten der Gemeinde zu erfüllen und von 
den einzelnen die auf sie entfallenden Anteile einzuziehen; es hängt 
dies aber von dem Belieben der Gemeinde ab; die Gemeinde als solche 
haftet nicht für die Erfüllung der Militärlast; die Leistung auf Ge- 
meindekosten ist zwar in solutione, aber nicht in obligatione. 
Für die Kriegsleistungen dagegen, welche durch Vermittlung der 
Gemeinden geltend gemacht werden, reicht die Haftung derselben 
weiter. Das Gesetz erklärt diese Gemeinden selbst als die dem Reiche 
verpflichteten Subjekte'!), desgleichen die Lieferungsverbände?), und 
erklärt nicht bloß die Gemeindevorstände für verantwortlich für die 
Fürsorge behufs Durchführung der Requisition, sondern macht die 
Gemeinden als solche verantwortlich für die vollständige und recht- 
zeitige Erfüllung der geforderten Leistungen selbst?). Dem entsprechend 
steht auch der Anspruch auf Vergütung den Gemeinden als solchen 
zu, und die Anerkenntnisscheine werden auf den Namen der Gemein- 
den (oder Lieferungsverbände) ausgestellt. 
Dessenungeachtet sind die einzelnen Gemeindeangehörigen von 
der direkten Verpflichtung zur Erfüllung der Militärlasten nicht frei. 
Denn die Gemeinden sind berechtigt, behufs Erfüllung der geforderten 
Leistungen die zur Teilnahme an den Gemeindelasten Verpflichteten ®), 
sowie die sonst in der Gemeinde sich aufhaltenden oder Eigentum in 
derselben besitzenden Angehörigen des Reichs zu Naturalleistungen 
und Diensten aller Art heranzuziehen, insbesondere auch die in den 
Gemeindebezirken gelegenen Grundstücke und Gebäude — mit Aus- 
nahme der landesherrlichen Schlösser und der unmittelbar zu Staats- 
zwecken dienenden Gebäude oder Gebäudeteile — zu benutzen und 
1) Kriegsleistungsgesetz 8 3. 
2) Ebendaselbst $ 17, Abs. 1. 
3) Ebendaselbst 85. Den Gemeinden sind in allen Beziehungen die selbständigen 
Gutsbezirke völlig gleichgestellt. $ 8 a. a. O. 
4) Das Gesetz unterscheidet bei dieser Kategorie nicht zwischen Reichsange- 
hörigen und Ausländern.
	        
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