238 8%. Die Einheitlichkeit des Militärrechts u. der Heereseinrichtungen.
Konventionen Rechte der Einzelstaaten an Preußen abtreten, ent-
hält dieser Nebenbestandteil, gleichsam als eine Art von Gegenkon-
zession, Beschränkungen der dem Kaiser zustehenden Befugnisse,
namentlich des Dislokationsrechtes und des Rechtes, die Formation
und Gliederung der Kontingente zu bestimmen. Dieses Verhältnis
unterliegt natürlich nicht der Autonomie der Einzelstaaten. Wenn
Festsetzungen über dasselbe in den Militärkonventionen getroffen wor-
den sind, so beruht dies auf dem engen tatsächlichen Zusam-
menhange zwischen den Militärhoheitsrechiten des Reiches und den
Militärhoheitsrechten der Einzelstaaten; für die rechtliche Beurteilung
aber ist es erforderlich, diese zwei staatsrechtlich verschiedenartigen
Bestandteile der Konventionen auseinander zu halten.
2. Von diesem Gesichtspunkte aus sind zunächst die Rechtssub-
jekte, unter welchen die Konventionen abgeschlossen sind, zu be-
trachten. Die älteren Konventionen von 1867 und 1868, sowie die
braunschweigische von 1886 sind mit dem »König von Preußen«, die-
jenigen der Hansestädte mit der »königl. preußischen Regierung« ab-
geschlossen worden, dagegen ist die Konvention von Baden mit dem
»König von Preußen als Bundesfeldherrn«, und alle übrigen seit der
Gründung des Reiches verfaßten Konventionen sind mit dem »Deut-
schen Kaiser und König von Preußen« kontrahiert!). Aus der Wahl
dieser Bezeichnung allein ist nicht zu entnehmen, in welcher recht-
lichen Eigenschaft der Kaiser und König den Vertrag geschlossen hat
und ob demgemäß das Reich oder Preußen als das Subjekt der aus
dem Vertrage hervorgehenden Rechte und Pflichten zu erachten ist;
vielmehr ist der Inhalt der Abrede dafür entscheidend. Das Ver-
hältnis der Einzelstaaten zum Reich, insbesondere die Anwendung
und Ausführung der in der Reichsverfassung dem Kaiser übertrage-
nen Rechte, kann nicht durch einen Staatsvertrag des Königs von
Preußen, sondern nur durch einen Willensakt des Kaisers normiert
werden; andererseits kann die Aufnahme der Truppen deutscher
Bundesstaaten in die Kontingentsgemeinschaft und Verwaltung der
preußischen Armee und die Feststellung der Modalitäten, unter wel-
chen diese Aufnahme erfolgt, nicht vom deutschen Kaiser, sondern
allein vom Könige von Preußen erfolgen °?).
3. Von Wichtigkeit wird die hervorgehobene Unterscheidung aber
namentlich hinsichtlich der Erfordernisse der Gültigkeit und der recht-
lichen Wirkungen 'der Konventionen.
a) Insoweit der Inhalt derselben in den Zuständigkeitsbereich der
Einzelstaaten fällt, ist die Genehmigung des Bundesrates und des
Reichstages nicht erforderlich, da die Rechte des Reiches hiervon
1) Ausgenommen die Konvention mit Waldeck, vom 24. November 1877, welche
vom „König von Preußen“ mit dem Fürsten vereinbart ist; in den einzelnen Arti-
keln begegnet man aber wiederholt dem „Deutschen Kaiser“.
2) Uebereinstimmend Brockhaus S. 164; Bornhak S. 30.