322 8113. Beschränkungen des Grundeigentums im Rayon der Festungen.
a) Die Beschränkungen müsseninfolgedesReichsgesetzes
eingetreten sein '). Folglich kann ein Entschädigungsanspruch gegen
das Reich nicht erhoben werden, wenn die Beschränkungen bereits
vor dem Erlaß des Gesetzes auf Grund älterer Landesgesetze bestanden
haben und durch das Reichsgesetz nicht erschwert worden sind ?). Der
Anspruch ist daher nur begründet, wenn entweder durch Neuanlage
oder Erweiterungsbauten von Festungen Grundstücke, die bisher außer-
halb des Rayonbezirks lagen, in den Rayon einbezogen werden ?), oder
wenn Grundstücke, die schon vor Erlaß des Reichsgesetzes zu einem
Rayonbezirke gehörten, durch das Reichsgesetz neuen, in dem früheren
Rechte nicht anerkannt gewesenen Beschränkungen unterworfen wer-
den. Ebensowenig kann vom Reiche eine Entschädigung verlangt
werden für Rayonbeschränkungen, welche auf besonderen Rechtstiteln,
insbesondere auf Rechtsgeschäften (Reversen) der Grundstückseigen-
tümer, beruhen; denn auch diese Beschränkungen sind nicht infolge
des Reichsgesetzes entstanden ?).
b) Die Beschränkungen müssen eine Wertminderung des
Grundstücks herbeiführen. Es ist nun zwar im allgemeinen davon
auszugehen, daß die Rayonbeschränkungen diese Folge haben, indem
sie die freie Benutzung des Grundstücks erschweren oder hindern;
allein es gilt dies nicht unbedingt; es kann im einzelnen Falle nach
den besonderen Umständen und Verhältnissen eines Grundstücks die
Annahme einer Wertverminderung ausgeschlossen sein. Insbesondere
gilt dies von den Beschränkungen in betreff der Anlagen auf Beerdi-
gungsplätzen ’. Ebensowenig wird durch die Verpflichtung zur Dul-
dung der Rayonsteine der Wert des Grundstücks beeinträchtigt ®).
Es wird ferner für die gesetzlichen Beschränkungen im dritten
Rayon eine Entschädigung nicht gewährt, da in diesem Rayon abso-
lute Verbote überhaupt nicht bestehen und auch die Genehmigung
der Kommandantur nur zur Herstellung von solchen Anlagen erfor-
derlich ist, welche der gewöhnliche Wirtschaftsbetrieb nicht mit sich
1) Gesetz $ 34, Abs. 1. Vgl. hierzu den Nachtrag zum Kommissionsbericht
des Reichstages (Drucksachen 1871, II. Session, Nr. 120) und ein Urteil des Reichs-
gerichts vom 20. Februar 1884, über welches in den „Militärgesetzen“ I, Abtl. 3, S. 253,
berichtet wird. 2) $ 34, Abs. 2, Ziff. 1.
3) Wenn ein Grundstück bei Erweiterungsbauten einer Festung aus einem mil-
deren Rayon in einen strengeren versetzt und infolgedessen den eingreifenderen Be-
schränkungen des Reichsgesetzes unterworfen wird, so ist ebenfalls der Entschädigungs-
anspruch begründet. |
4) & 34, Abs. 2, Ziff. 4. Ist für solche Beschränkungen eine Entschädigung von
der Landesregierung ausdrücklich zugesichert worden, so bleibt der Anspruch auf
dieselbe unverändert fortbestehen; da aber alle Militärausgaben vom Reiche zu leisten
sind, so müssen auch solche Entschädigungsgelder auf den Reichsmilitäretat über-
nommen werden.
5) Die Benutzung als Beerdigungsplatz wird nicht ausgeschlossen, sondern nur
die Errichtung von Grabhügeln und Denkmälern ist beschränkt.
6) $ 34, Abs. 2, Ziff. 2 u. 3.