Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Vierter Band. (4)

$S 96. Die Einheitlichkeit des Militärrechts u. der Heereseinrichtungen. 29 
unberührt bleiben ') ;, dagegen ist die Gültigkeit der Konventionen nach 
Maßgabe des Landesrechis des betreffenden Bundesstaates von der 
verfassungsmäßigen Zustimmung des Landtages abhängig, wenn durch 
die Konvention die bestehende Gesetzgebung des Landes abgeändert 
oder ein Hoheitsrecht aufgeopfert wird. Infolge dieses Prinzips be- 
durften die bisher abgeschlossenen Konventionen zu ihrer Geltung 
stets nur auf einer Seite der landständischen Genehmigung und 
ordnungsmäßigen Verkündigung, nämlich auf seiten des Mitkontra- 
henten Preußens, während der preußische Landtag ebensowenig wie 
der Reichstag ein Zustimmungsrecht in Anspruch zu nehmen befugt 
war°*). Dementsprechend haben diese Konventionen aber auch keine 
andere rechtliche Wirkung, als sie oben Bd. 2, $ 63 für die Staats- 
verträge der Bundesglieder überhaupt entwickelt worden ist. Diese 
Verträge dürfen nicht nur keine Bestimmungen enthalten, welche mit 
Anordnungen bereits verkündeter Reichsgesetze im Widerspruch stehen, 
sondern sie verlieren auch gemäß Art. 2 der Reichsverfassung ihre 
Geltung, sobald das Reich durch Gesetz eine andere Vorschrift sank- 
tioniert 5); denn die Autonomie der Bundesglieder wird eben durch 
jedes neue Reichsgesetz beschränkt, oder teilweise beseitigt. Ein großer 
Teil der in den Militärkonventionen enthaltenen Bestimmungen ist 
auch in der Tat durch die später ergangenen Reichsgesetze aufge- 
hoben oder bedeutungslos geworden. 
b) Insofern die Militärkonventionen das Verhältnis des Einzel- 
staates zum Reich betreffen, ist die Zustimmung des Landtages des 
kontrahierenden Staates ebenfalls erforderlich, falls Rechte dieses 
Staates aufgegeben oder besondere Lasten übernommen werden. 
Ebenso ist die Zustimmung des Bundesrates und Reichstages erforder- 
lich, wenn Anordnungen der Reichsgesetze modifiziert werden, 
l) Zorn Il, S. 530 hält eine Genehmigung der Zentralgewalt für erforderlich, 
„denn indem das Reich die Selbstverwaltung dem Staat A überließ, hat es den 
Staat A und nicht den Staat B damit beauftragt; der Uebergang dieser Verwaltung 
auf den Staat B ist demnach eine Sache, die auch das Reich angeht“. Dies istm. RE. 
nicht zutreffend. Die Reichsverfassung bestimmt zwar das Maß der Hoheitsrechte, 
welches den Einzelstaaten verbleibt, aber sie enthält keine Vorschrift, daß die Einzel- 
staaten diese Rechte selbst ausüben sollen. Die Einzelstaaten müssen allerdings 
dafür sorgen, daß die ihnen verbliebenen staatlichen Funktionen ordnungsmäßig ver- 
sehen werden, aber dieser Pflicht können sie auch in der Art genügen, daß sie ihr 
Gebiet mit Rücksicht auf diese Verwaltung einem anderen deutschen Gebiet an- 
schließen. Dies ist hinsichtlich der Post und Telegraphie, der Gerichtsbarkeit, der 
Arbeiterversorgung, der Zoll- und Abgabenverwaltung, der Eichung usw. reichsge- 
setzlich ausdrücklich für zulässig erklärt worden und tatsächlich vielfach geschehen, 
und es ist hinsichtlich der Militärhoheit um so weniger ein Grund vorhanden, dies 
für ausgeschlossen zu erachten, als nach der Tendenz und Entstehung der Reichs- 
verfassung die letztere eine engere Verschmelzung der kleineren Kontingente mit 
dem preußischen Kontingent doch gewiß nicht verhindern oder erschweren wollte. 
2) Durch keine der zahlreichen Militärkonventionen wurde ein preußisches 
Hoheitsrecht beschränkt oder der preußische Staat finanziell belastet. 
3) Vgl. Bd. 2, S. 169 fe.
	        
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