Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Vierter Band. (4)

30 $ 96. Die Einheitlichkeit des Militärrechts u. der Heereseinrichtungen. 
und zwar unter Beobachtung der im Art. 78 der Reichsverfassung 
aufgestellten Regeln, wenn die Konvention Verfassungsvorschriften 
abändert. In einem solchen Falle würde ferner die ordnungsmäßige 
Verkündigung der Konvention im Reichsgesetzblatt eine unerläßliche 
Voraussetzung ihrer Gültigkeit sein. 
Von dem hier vorausgesetzten Falle ist nun aber ein anderer wohl 
zu unterscheiden ; nämlich der, daß die Konvention nicht die in 
der Reichsverfassung oder den Reichsgesetzen aufgestellten Rechtssätze 
abändert, sondern nur die Ausübung der durch diese Rechtssätze dem 
Kaiser übertragenen Öberbefehlshaberbefugnisse betrifft. Nur dieser 
letztere Fall ist in den bisher abgeschlossenen Konventionen gegeben ; 
sie enthalten nur Zusicherungen über die Art und Weise, in welcher 
die dem Kaiser verfassungsmäßig eingeräumten Befugnisse ausgeübt 
werden sollen’). Diese Konventionen reichen an das Niveau der 
Gesetzgebung, insbesondere der Verfassung, gar nicht hinan; sie lassen 
die verfassungsmäßig oder reichsgesetzlich sanktionierten Rechts- 
sätze völlig unberührt; sie äußern ihre Wirkungen ausschließlich 
auf dem Gebiet der Verwaltung, in specie des militärischen 
Oberbefehls, welches der freien Entschließung des Kaisers unter- 
stellt ist. Aus diesem Grunde bedurften auch diese Konventionen 
nur der Genehmigung des Kaisers, nicht derjenigen des Bundesrates 
und Reichstages, und ebensowenig einer ordnungsmäßigen Verkündi- 
gung im Reichsgesetzblatt. Es genügt eine Mitteilung der Kon- 
ventionen an Bundesrat und Reichstag behufs Konstatierung, daß 
die Konventionen nicht in das Gebiet der Gesetzgebung eingreifen ?). 
4. Daß die in der Verfassung und Reichsgesetzgebung festgestellten 
Rechtssätze als solche durch die Militärkonvention unberührt bleiben, 
tritt dadurch deutlich vor Augen, daß die Konventionen durch Ein- 
verständnis der vertragschließenden Kontrahenten ®) und hinsichtlich 
1) Ausgenommen sind hiervon die einigen kleineren Staaten zeitweise bewillig- 
ten Nachlässe von den Militärausgaben. Dieselben hatten nur für die 
Uebergangszeit praktische Bedeutung und können hier unerörtert bleiben. 
2) Vgl. Hänel, Studien I, S. 246; Staatsrecht I, S. 490. Wenn Zorna.a.O. 
sagt, die Konventionen können, soweit sie Rechte des Bundesfeldherrn betreffen, 
nicht als Vertrag, sondern nur als Versprechungen ohne juristisch bindende Kraft an- 
gesehen werden, so ist dies wohl nur eine andere Ausdrucksweise desselben Gedan- 
kens. Auch die Ausführungen von Brockhaus, S. 166-185, haben trotz ihrer 
Breite keinen anderen sachlichen Inhalt. Tepelmann S. 9 ff. meint, daß die Kon- 
ventionen formell ungültig seien, materiell aber der Verfassung nicht widersprechen 
und „höchstens“ eine moralische Verpflichtung des Kaisers begründen. 
3) Diese Mitteilung ist erfolgt; die Konventionen sind in den Anlagen zu den 
Verhandlungen des Reichstages der betreffenden Sessionen abgedruckt. 
4) Daß die Konventionen durch beiderseitiges Einverständnis aufgehoben 
werden können, versteht sich von selbst, ist aber ausdrücklich vorbehalten worden 
in den Konventionen mit Baden Art. 21; Oldenburg Art. 54; Hamburg 
Art. 34; Lübeck Art. 24; Bremen Art. 42. Der Sinn dieses Vorbehaltes besteht 
indem Ausschluß des einseitigen Kündigungsrechtes.
	        
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